Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstellung eines Jahresabschlusses auf Werkvertragsbasis mit Stundenhonorar
Leitsatz (amtlich)
Bei einem mit einem Wirtschaftsprüfer geschlossenen Vertrag über die Erstellung eines Jahresabschlusses auf der Grundlage eines Stundenhonorars ist der Einwand des Bestellers beachtlich, der geltend gemachte Zeitaufwand sei überhöht.
Leitsatz (redaktionell)
1. „Bestimmt” ist eine Vergütung nicht nur, wenn ihr Betrag zahlenmäßig festgelegt ist. Es genügt vielmehr, daß der Vertrag die Maßstäbe angibt, nach denen sich die Vergütung berechnen läßt; eine rahmenmäßige Vergütung im Sinne einer Stundenlohnvereinbarung genügt. Eine solche Vereinbarung ist auch bei Tätigkeiten eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers grundsätzlich möglich (vgl. die in § 13 StBGebV vorgesehene Zeitgebühr).
2. Sofern sich hiernach auf Grund einer etwa durchzuführenden Beweisaufnahme die geschuldete Vergütung nicht genau ermitteln lassen sollte, kommt eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 632, 675, 631; StBGebV §§ 13, 36; ZPO § 287
Verfahrensgang
OLG Naumburg (Entscheidung vom 24.04.1997; Aktenzeichen 4 U 251/96) |
LG Halle (Saale) (Entscheidung vom 27.11.1996; Aktenzeichen 7 O 837/94) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das am 24. April 1997 verkündete Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Steuerberater- und Wirtschaftsprüfertätigkeit geltend. Von diesen sind im Revisionsverfahren nurmehr die Ansprüche aus Wirtschaftsprüfertätigkeit betreffend die Jahresabschlüsse der Beklagten für die Jahre 1992 und 1993 im Streit. Der Kläger beziffert diese Ansprüche auf 15.390,11 DM und 50.905,56 DM. Das Berufungsgericht hat in einem ersten, unangefochten gebliebenen Berufungsurteil den Klageanspruch insoweit dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und das Verfahren wegen der Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht hat, nachdem der Kläger die Zahlung eines Auslagenvorschusses für ein Sachverständigengutachten verweigert hatte, die Klage insoweit abgewiesen. Die erneute, auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 66.295,67 DM gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger den in zweiter Instanz gestellten Antrag weiter. Die Beklagte ist im Revisionsverfahren nicht anwaltlich vertreten.
Entscheidungsgründe
Da die Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, ist auf Antrag der Revisionsklägerin durch Versäumnisurteil zu entscheiden (vgl. BGHZ 37, 79, 81). Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnisfolge, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
I. Das Berufungsgericht hat gemeint, es offenlassen zu können, ob es sich bei der Erbringung von Wirtschaftsprüferleistungen um einen Werkvertrag oder um einen Geschäftsbesorgungsvertrag handle, weil in beiden Fällen der Vergütungsanspruch auf Zahlung der üblichen Vergütung gerichtet sei. Das läßt bereits außer Betracht, daß jeweils Vergütungsvereinbarungen zwischen den Parteien vorgehen.
Das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis ist, was die Prüfung der beiden Jahresabschlüsse angeht, um deren Vergütung noch gestritten wird, als Werkvertrag anzusehen. Der Vertrag besteht ersichtlich unabhängig von dem über laufende Steuerberatertätigkeit. Er betrifft fest umrissene Leistungsgegenstände und nicht eine allgemeine, laufende Tätigkeit, was für eine Einordnung als Werkvertrag genügt (vgl. BGHZ 54, 106, 107; Staudinger/Frank Peters, BGB, 13. Bearbeitung, Vorbem. §§ 631 ff. Rdn. 31; RGRK/Glanzmann, 12. Aufl., § 631 BGB Rdn. 208; Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., vor § 631 BGB Rdn. 87, 103; vgl. auch MünchKomm./Soergel, BGB, 3. Aufl., § 631 BGB Rdn. 102).
II. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß eine wirksame Vergütungsvereinbarung mangels Bestimmtheit nicht zustande gekommen und deshalb die Höhe der üblichen Vergütung nachzuweisen sei, was in der Regel nur über ein Sachverständigengutachten möglich sei. Diese Auffassung bekämpft die Revision mit Recht. „Bestimmt” ist eine Vergütung nicht nur, wenn ihr Betrag zahlenmäßig festgelegt ist. Es genügt vielmehr, daß der Vertrag die Maßstäbe angibt, nach denen sich die Vergütung berechnen läßt (Staudinger/Frank Peters, § 632 BGB Rdn. 46; RGRK/Glanzmann, § 632 BGB Rdn. 15; vgl. MünchKomm./Soergel, § 632 BGB Rdn. 12); eine rahmenmäßige Vergütung im Sinne einer Stundenlohnvereinbarung genügt (Staudinger, aaO, Rdn. 22 und Rdn. 8). Eine solche Vereinbarung ist auch bei Tätigkeiten eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers grundsätzlich möglich (vgl. die in § 13 StBGebV vorgesehene Zeitgebühr; BGHZ 132, 229). Sind die Stundensätze festgelegt, ergibt sich die vereinbarte Vergütung ohne weiteres aus einer Vervielfältigung des jeweiligen Stundensatzes mit der Zahl der geleisteten Stunden. Eine vertragliche Festlegung des Stundensatzes läßt sich aus der mit der Klage vorgelegten Vereinbarung vom 13./28. Januar 1993 entnehmen. Davon geht ersichtlich auch das angefochtene Urteil aus.
III. Auf Grund der getroffenen Vereinbarung hatte der Kläger die angefallenen Stunden darzulegen und den Anfall unter Beweis zu stellen (Staudinger, aaO, Rdn. 18; vgl. Baumgärtel, Hdb. der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 632 BGB Rdn. 24). Dies folgt auch aus der allgemeinen Beweislastregel, wonach der Kläger die seinen Anspruch begründenden Tatsachen zu beweisen hat (Sen.Urt. v. 21.11.1989 – X ZR 21/89, ZfBR 1990, 129). Der vom Kläger angebotene Zeugenbeweis war zum Nachweis der Stundenzahl grundsätzlich geeignet (vgl. Staudinger, aaO) und daher zu erheben; dies hat das Berufungsgericht zu Unrecht unterlassen. Deshalb kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.
IV. 1. Die Beklagte hat allerdings demgegenüber geltend gemacht, der Stundenaufwand sei überhöht. Er sei unglaubhaft, weil die Beklagte eine Immobilienverwaltungsgesellschaft mit nur geringem Buchungsaufwand sei. Sei aber tatsächlich dieser Aufwand angefallen, müsse mangelhafte Durchführung des Auftrags vorliegen. Hierzu hat die Beklagte sich ihrerseits auf Sachverständigenbeweis bezogen.
2. Ob die Einwendungen der Beklagten gegen den Umfang der angefallenen Stunden und dessen Angemessenheit berechtigt sind, hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft. Diese Prüfung wird es erforderlichenfalls nachzuholen haben.
a) Der Revision kann nicht darin beigetreten werden, daß eine zeitabhängige Vergütung bei einem Werkvertrag grundsätzlich von Quantität und Qualität der Leistung unabhängig sei. Anders als dies beim Dienstvertrag der Fall sein mag, kann bei einem Werkvertrag wegen dessen Erfolgsbezogenheit nicht von einem solchen Grundsatz ausgegangen werden. So ist auch ein Teil des Schrifttums (Staudinger/Frank Peters, aaO, Rdn. 18 unter dd)) der Auffassung, daß der Unternehmer nach allgemeinem Zivilrecht zu einer wirtschaftlichen Betriebsführung verpflichtet sei. Der Senat tritt dem für den Fall der Vereinbarung einer zeitabhängigen Vergütung wie hier bei.
b) Allerdings obliegt bei einem Vertrag wie dem hier zugrundeliegenden der Nachweis, daß eine wirtschaftliche Betriebsführung vorgelegen habe, nicht dem Kläger als Unternehmer (a.A. Staudinger/Frank Peters, aaO). Zwar hat auch der Senat entschieden, daß Darlegungs- und Beweislast für die Erforderlichkeit des dem Vergütungsanspruch zugrunde gelegten Leistungsumfangs regelmäßig den Unternehmer treffen (Urt. v. 21.11.1989, aaO). Dies betraf aber einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Fall, nämlich die Darlegung, daß der geltend gemachte Leistungsumfang (Erforderlichkeit eines zweiten Sprengversuchs bei einem Pfeiler einer zu beseitigenden Brücke) erforderlich war; die Notwendigkeit einer solchen Darlegung wird hinsichtlich des Zeitumfangs durch die Vereinbarung einer zeitabhängigen Vergütung aber gerade ausgeschlossen. Bei einem Pauschalpreisvertrag, einem Einheitspreisvertrag wie auch in der Regel bei einer Abrechnung nach angemessener, üblicher oder taxmäßig bestimmter Vergütung wird es auf wirtschaftliches Arbeiten nicht entscheidend ankommen, weil unwirtschaftliches Verhalten des Unternehmers entweder gar nicht in die Abrechnung einfließt oder auf andere Weise bei der Bestimmung der geschuldeten Vergütung berücksichtigt werden kann. Anders liegt es bei einer vereinbarten Vergütung nach geleisteter Zeit, bei der in der Regel der Streit um den erforderlichen Zeitaufwand abgeschnitten werden soll (vgl. Staudinger, aaO, Rdn. 8). Eine solche Vereinbarung begründet nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aber eine Verpflichtung des Unternehmers gegenüber dem Besteller zu wirtschaftlicher Betriebsführung in Form einer vertraglichen Nebenpflicht. Deren Verletzung wirkt sich indessen nicht unmittelbar vergütungsmindernd aus, sondern nur über einen dem Besteller daraus bei Vorliegen auch der übrigen Anspruchsvoraussetzungen erwachsenden Gegenanspruch wegen positiver Vertragsverletzung. Hieraus folgt zugleich, daß die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß eine positive Vertragsverletzung objektiv vorliegt, den Besteller trifft.
c) Ob die Beklagte ihrer Darlegungspflicht insoweit nachgekommen ist, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben. Eine Selbstbindung der Vorinstanzen an die Annahme im ersten Berufungsurteil, der Vortrag der Beklagten sei „gerade noch substantiiert”, ist, worauf die Revision zutreffend hinweist, nicht eingetreten, weil die Zurückverweisung des Rechtsstreits an die erste Instanz auf anderen Gründen beruhte (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 538 Rdn. 7). Jedoch wird zu berücksichtigen sein, daß der Besteller im allgemeinen keine konkreten Kenntnisse darüber haben kann, was sich in der Sphäre des Unternehmers zugetragen hat, und daß schon deshalb an die Substantiierung seines Vorbringens keine hohen Anforderungen gestellt werden können.
d) Sofern sich hiernach auf Grund einer etwa durchzuführenden Beweisaufnahme die geschuldete Vergütung nicht genau ermitteln lassen sollte, wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt.
V. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist daher aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
Unterschriften
Rogge, Melullis, Scharen, Keukenschrijver, Mühlens
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 01.02.2000 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556445 |
BB 2000, 1397 |
DB 2000, 916 |
DStR 2000, 480 |
DStRE 2000, 500 |
DStZ 2000, 312 |
HFR 2000, 897 |
NJW 2000, 1107 |
Inf 2000, 287 |
NWB 2000, 1368 |
BauR 2000, 1196 |
EBE/BGH 2000, 74 |
EWiR 2000, 473 |
IBR 2000, 307 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 973 |
ZAP 2000, 520 |
MDR 2000, 1001 |
VersR 2001, 471 |
MittRKKöln 2000, 171 |
Gk/Bay 2000, 430 |
WPK-Mitt. 2000, 129 |