Leitsatz (amtlich)
Auch für die Zulässigkeit von Bewertungen in einem Arbeitgeber-Bewertungsportal kommen die vom Bundesgerichtshof für die Haftung des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 9.8.2022, Az. VI ZR 1244/20, NJW 2022, S. 3072 ff.) vollen Umfangs zum Tragen.
Die Erhebung einer Vielzahl von Rügen eines Bewerteten gegen Bewertungen in einem Bewertungsportal, die jeweils darauf gestützt werden, dass ein geschäftlicher Kontakt zwischen dem Bewerter und dem Bewerteten nicht bestanden hat, begründet allein nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Das gilt auch dann, wenn der Bewertete sich dabei von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, die offensiv damit wirbt, gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen.
Der Bewertete kann die Löschung der Bewertung verlangen, wenn der Portalbetreiber den Bewerter ihm gegenüber nicht so individualisiert, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes überprüfen kann. Das gilt auch dann, wenn der Portalbetreiber einwendet, aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen diese Individualisierung nicht vornehmen zu dürfen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 559/23) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 8. Januar 2024, Az. 324 O 559/23, abgeändert.
Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), verboten,
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die nachstehend wiedergegebenen Bewertungen zu veröffentlichen:
a) "Startup abgebogen in die Perspektivlosigkeit
1,6
Nicht empfohlen
Oktober 2023
Arbeitsatmosphäre
Lob und Anerkennung gibt es hier nicht, Wertschätzung schon gar nicht. Mit Glück wirft einem die Geschäftsführung beim Vorbeigehen morgens ein 'Guten Morgen' hin, ansonsten wird man eher getrieben schnell zu arbeiten und bloß keine Fehler zu machen.
Einarbeitung? Fehlanzeige! Am ersten Tag bekommt man ein paar Dokument, die man sich auf eigene Faust aneignen soll und dann wird bitte losgelegt.
Kommunikation
Es ist alles sehr undurchsichtig. Zahlen, Ziele und Planungen werden konsequent geheim gehalten. Meetings finden in der Regel hinter verschlossener Tür statt. Dabei achtet die Geschäftsführung stets drauf zu zweit den einzelnen Angestellten zu sich zu rufen, Gruppengespräche mit der Belegschaft werden vermieden.
Kollegenzusammenhalt
War ok, man hält in der Not zusammen.
Work-Life-Balance
Die Arbeitszeiten wurden eingehalten. Weibliche Angestellte/Bewerberinnen wurden teilweise nach ihrem Kinderwunsch gefragt. Was die Antwort darauf für Konsequenzen hat, bleibt offen...
Urlaub wird nur wiederwillig genehmigt. Für den Urlaubsantrag hatte man sich per Unterschrift die Bestätigung der jeweiligen Vertretung zu besorgen.
Vorgesetztenverhalten
Setzen Sechs! Man ist nur eine Nummer.
Empathie ist ein Fremdwort.
Informationspolitik existiert quasi nicht.
Es wird erwartet, dass die Angestellten Verantwortung übernehmen und eigenständig arbeiten, gleichzeitig ist die Geschäftsführung nicht in der Lage Verantwortung abzugeben und leidet unter Kontrollwahn. Die Tür zur Geschäftsführung steht meist offen, aber in erster Linie aus dem Grund, weil permanent ein Ohr bei den Büroangestellten horcht.
Interessante Aufgaben
Sehr eintönige Arbeit. Durch die Unterbesetzung kann es passieren, dass die Angestellten aus dem Büro regelmäßig im Lager aushelfen müssen.
Umgang mit älteren Kollegen
Es wird drauf geachtet die Belegschaft überdurchschnittlich jung zu halten. Es macht den Anschein, ältere Mitarbeiter mit Lebens- Arbeitserfahrung seien unerwünscht.
Arbeitsbedingungen
Veraltete Technik. Gebrauchte Computer statt modernem Arbeitsgerät. Freeware und selbst programmieret Software auf Hobby-Niveau statt lizenzierter Software.
Schlecht beheizte Arbeitsräume, Heizen scheint zu teuer zu sein.
Improvisierte und chaotische Lagerhaltung und Versandabteilung.
Gehalt/Sozialleistungen
Gehalt war angemessen und pünktlich. Urlaubs- Weihnachsgeld gibt es nicht. Bei Weihnachtsfeiern war auffällig, dass das Budget penibel im Rahmen der steuerlich absetzbaren Summe gehalten wurde.
Image
Nach innen geht es kaum schlechter und auch nach außen scheint es mehr und mehr bekannt zu werden.
Karriere/Weiterbildung
Aufstiegt aussichtslos. Weiterbildung bitte privat organisieren"
wie geschehen unter der URL ...
in Abbildung aussehend wie folgt: ...
b) "Vorsicht bei der Firmenwahl
1,3
Nicht empfohlen
November 2023
Ex-Angestellte/r oder Arbeiter/inHat im Bereich Administration /Verwaltung gearbeitet.
Arbeitsatmosphäre
Den Mitarbeiten wurde 0,0 vertraut
Kommunikation
Mitarbeiter wurden mehr oder...