Unternehmen haben Anspruch auf Entfernung von Kununu-Bewertungen
Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass das OLG Hamburg einen Beschluss des Landgerichts Hamburg aus dem Januar 2024 aufgehoben hat und dies auch wegen besonderer Eilbedürftigkeit im Wege einer einstweiligen Verfügung im Sinne des Arbeitgebers tat. Diese Entscheidung kann dramatische Auswirkungen für das Geschäftsmodell von Kununu entwickeln und auch für Arbeitnehmer von erheblicher Bedeutung sein.
Geschäftsmodell von Kununu
Als unternehmerische Motivation gibt Kununu an, dass es als Unternehmen Menschen dazu ermutigen und anspornen möchte, gemeinsam die Arbeitswelt zu verbessern. Hierzu besteht de facto die Möglichkeit, dass insbesondere auch ausgeschiedene Mitarbeitende sich anonym (und negativ) zum ehemaligen Arbeitgeber äußern können. Gleichzeitig bietet Kununu für Arbeitgeber Dienstleistungen an, um diese als attraktive Arbeitgeber im "Race for Talents" hervorstechen zu lassen. Kununu bietet daher eine Plattform zur Herabsetzung des Ansehens eines Arbeitgebers an, um gleichzeitig Dienstleistungen zu verkaufen, um das Arbeitgeberbranding zu verbessern. Mit einem kostenpflichtigen Unternehmensprofil können Arbeitgeber sich nach der Darstellung von Kununu dann ideal präsentieren und glänzen. Kununu selbst führt an: "Unser Geld verdienen wir durch den Verkauf dieser Unternehmensprofile an interessierte Arbeitgeber". Letztlich ist dieses Zusammenspiel zwischen anonymen "Bewertungen" eines Arbeitgebers und Leistungen von Kununu, den Arbeitgeber durch kostenpflichtige Maßnahmen besser darzustellen, als strategisches Geschäftsmodell zu verstehen, welches hier nicht bewertend kommentiert werden soll.
Auskunfts- und Beleganspruch des Arbeitgebers
Da die Darstellungen häufig Arbeitgeber schädigen und der Arbeitgeber sich wegen der Anonymität der Vorwürfe nicht wehren kann, ist schon in der Vergangenheit immer wieder der Anspruch auf Mitteilung und Beleg des Umstandes, dass der Bewertende tatsächlich Mitarbeiter des Unternehmens oder dortiger Bewerber war, geltend gemacht worden. Schließlich ist es auch gut denkbar, dass ein Dritter aus eigenen Motiven einen Arbeitgeber schlecht darstellen möchte, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Auf Basis dieser Rahmenbedingungen ist daher der Beschluss des OLG Hamburg zu bewerten, in dem Kununu starken Grenzen unterworfen wurde. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie unter Bezug auf diesen Beschluss des OLG Hamburg bei entsprechender negativer Bewertung regelmäßig sehr gute Möglichkeiten besitzen, die Bewertung entfernen zu lassen.
In dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber verlangt, die Einträge zu löschen. Zur Begründung hatte der Arbeitgeber durch die von ihm eingeschalteten Anwälte ausgeführt, dass der genannte Bewerter auf Kununu das Unternehmen negativ bewertet hatte. Das Unternehmen bestritt, dass der Bewerber und/oder Mitarbeiter Kontakt zu dem bewerteten Unternehmen hatte, da er nicht zugeordnet werden konnte. Im Ergebnis wurde daher von dem Arbeitgeber geltend gemacht, dass gegebenenfalls die Bewertung gar nicht von einem eigenen Bewerber oder Mitarbeiter stammte.
Muss Kununu Bewertende identifizierbar machen?
Das OLG Hamburg hat dem Unternehmen einen Anspruch auf Entfernung der Bewertung auch im Wege der einstweiligen Verfügung zugestanden. Das OLG Hamburg führt hierbei aus, dass ein Anspruch auf Unterlassung des weiteren Zugänglichmachens der beanstandeten Bewertung vorliegt – oder einfacher formuliert, dass Kununu die schlechte Bewertung entfernen muss. Hierbei seien die für die Haftung des Betreibers eines Internetbewertungsportals entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Dabei sei es grundsätzlich bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs ausreichend, wenn der Arbeitgeber rüge, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt des Bewerters mit seiner Leistung zu Grunde liege. Diese Rüge dürfe der Arbeitgeber grundsätzlich so lange aufrechterhalten, bis ihm gegenüber der Bewerter so individualisiert wird, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontakts überprüfen kann.
Diese Rüge eines nicht gegebenen Geschäftskontakts hatte der Arbeitgeber erhoben. Dies sei auch ausreichend, denn es bedürfe nicht der Übermittlung von konkreten weiteren Informationen zu den Inhalten der Bewertung. Selbst der Umstand, dass die Arbeitgeberin die Rüge des nicht gegebenen geschäftlichen Kontakts hinsichtlich vieler Bewertungen erhob, hat das OLG Hamburg nicht als Grund für eine Ablehnung des Antrags angesehen. Auch sei es nicht überzeugend, dass ein Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich handle, wenn er sich von einer Anwaltskanzlei vertreten lasse.
Da Kununu auf die Rüge des Arbeitgebers die Bewertenden nicht so identifizierbar gemacht hatte, dass der Arbeitgeber in der Lage war, das tatsächliche Vorliegen eines geschäftlichen Kontakts zu prüfen, hatte der Antrag des Arbeitgebers Erfolg.
Fazit: Schnelles Vorgehen gegen schlechte Bewertungen hat gute Erfolgsaussichten
Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass Arbeitgeber, die sich gegen einen Eintrag bei Kununu zur Wehr setzen wollen, unter Hinweis auf diese aktuelle Entscheidung des OLG Hamburgs und entsprechendem eigenen Vortrag gute Erfolgsaussichten besitzen, wenn der Eintrag anonymisiert erfolgte und für das Unternehmen belastende Inhalte besitzt. Es kann daher unter Hinweis auf diese neue Entscheidung grundsätzlich geraten werden, möglichst zeitnah gegen Kununu vorzugehen und Rechtsmittel zu ergreifen, wenn dieses von Seiten des Arbeitgebers gewünscht ist. Schließlich bedürfen einstweilige Verfügungen einer Dringlichkeit, die bei einem längeren zeitlichen Ablauf entfallen kann.
Für Arbeitnehmende ergibt sich aber auf Basis dieser Entscheidung des OLG Hamburg nicht das unmittelbare Risiko, dass der (ehemalige) Arbeitgeber direkt von Kununu die Bekanntgabe der Klarnamen erzwingen kann. Es gilt aber zu bedenken, dass durch Kommentare und verständiges Lesen häufig recht klare Rückschlüsse auf die Bewertenden gezogen werden können und es – wie im sonstigen Leben – oftmals nichts Positives mit sich bringt, schlecht über andere zu sprechen. Die Flucht in das Dunkel einer vordergründigen Anonymität hat nicht immer Erfolg.
Hinweis: Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 8. Februar 2024, Az. 7 W 11/24
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