Immer mehr Ältere arbeiten bis kurz vor Erreichen des Renteneintrittsalters: Waren dies 2000 noch 19,9 Prozent von den 60- bis 64-Jährigen, waren es zehn Jahre später bereits 40,8 Prozent. Dies geht aus dem ersten Fortschrittsreport "Altersgerechte Arbeitswelt" hervor, den Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen zusammen mit DGB-Chef Michael Sommer und Handwerks-Präsident Otto Kentzler in Berlin vorgestellt hat.

In der Erwerbstätigenquote von 40,8 Prozent sind nach Angaben von Sommer allerdings auch rund 800.000 Mini-Jobber enthalten - mit steigender Tendenz. Auch die Selbstständigen werden bei der allgemeinen Erwerbstätigenquote eingerechnet. Schaut man nur auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, so ergibt sich ein deutlich anderes Bild: Demnach sind nur 27,5 Prozent der 60- bis 64-Jährigen noch in Arbeit - während dies von den 15- bis 65-Jährigen insgesamt 52,1 Prozent sind. Allerdings ist auch hier die Quote der älteren Beschäftigten leicht gestiegen.

 

Mehr Weiterbildung für Ältere nötig

Mit Blick auf die Rente mit 67 bezeichnete von der Leyen die Zunahme der Älteren mit Arbeit als "wichtiges Signal". Im europäischen Vergleich liege Deutschland mittlerweile sogar auf einem Spitzenplatz. Dennoch schafften noch viel zu wenige Menschen über 55 Jahre den Sprung aus der Arbeitslosigkeit zurück in den Beruf, gibt die Ministerin gleichfalls zu bedenken. Mehr noch: Viele kleine und mittlere Unternehmen investierten noch nicht genug in Gesundheit und Weiterbildung ihrer alternden Belegschaften. Das sei nicht nur im Interesse der Mitarbeiterschaft, sondern zahle sich auch mit Blick auf die Betriebsergebnisse aus.

 

Produktivitätsgewinne durch den richtigen Altersmix

Von der Leyen verwies dabei auf eine neue Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), wonach die Produktivität eines Betriebes um gut 0,5 Prozent zunimmt, wenn sich der Anteil der 45- bis 50-Jährigen an der Gesamtbelegschaft um einen Prozentpunkt erhöht. Wenn altersgerechte Arbeitsplätze vorhanden seien, würde die Produktivität der Beschäftigten zwischen 45 und 50 Jahren sogar um zwei Prozent steigen. Warum? "Es gilt die alte Weisheit: Die Jungen können schneller laufen. Die Alten kennen die Abkürzungen", sagte Kentzler.

 

Hoher Nachholbedarf bei der Einrichtung von Langzeitkonten

Nachholbedarf sieht von der Leyen bei der Einrichtung von Langzeitkonten, mit denen Mitarbeiter größere Arbeitszeitguthaben ausdrücklich mit dem Ziel längerfristiger Freistellungen - oder eines vorzeitigen Ausscheidens - ansparen können. Vorbild für solche Regelungen ist vor allem die Chemie- und Metallindustrie, wo die Tarifparteien entsprechende Regelungen verabredet haben.

Solche Langzeitkonten gibt es laut Bericht inzwischen für 40.000 Betriebe in Deutschland. Dies sind allerdings nur zwei Prozent der Unternehmen. Dabei haben vor allem Großunternehmen die Nase vorn. Von der Leyen sagte: "In Zeiten, in denen sich Arbeit verdichtet und Fachkräfte knapp werden, bieten Langzeitkonten beiden Seiten Vorteile."

Die Ministerin will künftig alle sechs Monate einen "Fortschrittsreport" zur Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für Ältere vorlegen.