Fristlose Kündigung wegen fremdenfeindlicher Beleidigung eines Kollegen
Der Kläger, welcher einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, war bei dem beklagten Unternehmen 35 Jahre als Anlagenwart beschäftigt. Im März 2018 wandte sich sein türkischer Arbeitskollege an seinen Teamleiter und teilte diesem mit, dass der Kläger ihn seit mehreren Monaten rassistisch über WhatsApp Nachrichten sowie verbal beleidigte.
Sendete an einen türkischer Arbeitskollege Bilder, die Hitler und Hakenkreuze zeigten
Unter anderem beleidigte er ihn mündlich als „Ziegenficker“, „Dreckstürkenpack“ und versendete an ihn Bilder, welche Hitler und Hakenkreuze zeigten sowie einen Muslim, welcher vorübergeneigt auf einem Teppich betete und als „Fussellutscher“ bezeichnet wurde. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin den Kläger fristlos und verwies dabei auch auf die im Unternehmen existierende Verhaltensrichtlinie „integeres Verhalten“ und Gesamtbetriebsvereinbarung zur Arbeitsordnung.
Grobe Beleidigung – erheblicher Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers
Zu Recht, wie das Arbeitsgericht Stuttgart entschied. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stünde fest, dass der Kläger seinen Arbeitskollegen über mehrere Monate massiv und mehrfach verbal beleidigt hatte, was im konkreten Einzelfall – auch unter Berücksichtigung der durchzuführenden Interessenabwägung – isoliert bereits ein wichtiger Grund nach § 626 Abs.1 BGB darstelle.
Zudem seien die versandten WhatsApp Nachrichten mit rassistischem Inhalt ebenfalls als kündigungsrelevante Beleidigungen zu werten. Insbesondere konnte der Kläger, wie zuletzt von ihm behauptet, nicht davon ausgehen, dass sein Arbeitskollege die Nachrichten als „Witz“ oder „Spaß“ aufgefasst habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können grobe Beleidigung des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten einerseits und Arbeitskollegen andererseits einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen und eine außerordentliche, fristlose Kündigung an sich rechtfertigen.
Kein einmaliger Ausrutscher – Abmahnung entbehrlich
Der Arbeitnehmer könne sich dabei auch nicht auf sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung berufen. Eine Abmahnung war aufgrund der schwerwiegenden Pflichtverletzung entbehrlich. Es handelte sich nicht um eine einmalige Beleidigung „im Affekt“, da die fremdenfeindlichen Äußerungen über einen längeren Zeitraum und mehrfach erfolgten. Eine Entschuldigung des Klägers erfolgte nicht. Darüber hinaus seien diese nicht mit einem etwaigen „rauen Umgangston“ in der Produktion erklärbar.
Altersteilzeitvertrag - Arbeitgeber verzichtet nicht auf sein Kündigungsrecht
Auch die Tatsache, dass der Kläger mit der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen habe, stünde einer Kündigung nicht entgegen, so das Arbeitsgericht weiter. Der Arbeitgeber habe im Zusammenhang mit dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages weder konkludent noch ausdrücklich auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfolgte zudem zu einem Zeitpunkt, indem die Schwerbehindertenvertretung als erste Vorstufe des Kündigungsausspruches noch nicht einmal angehört wurde. Darüber hinaus sei der Abschluss des Altersteilzeitvertrages von einer anderen Stelle als von der Personalabteilung, welche mit den Kündigungsgründen befasst war, bearbeitet worden, was vom Kläger auch nicht bestritten wurde.
(ArbG Stuttgart, Urteil v. 14.03.2019, 11 Ca 3737/18).
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