LSG zur Posttraumatischen Belastungsstörung eines Ersthelfers

Psychische Erkrankungen von Ersthelfern, etwa Straßenwärter oder Feuerwehrleute, nach traumatischen Unfallerlebnissen werden nicht wie eine Berufskrankheit anerkannt. Nach einem Urteil des LSG Darmstadt gibt es nicht die dafür erforderliche keine wissenschaftlichen Erkenntnisse für einen generellen Ursachenzusammenhang.

Der 59-jährige Kläger aus dem Lahn-Dill-Kreis, welcher seit 2013 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, arbeitete während seines ganzen Berufslebens als Straßenwart und zuletzt als Streckenwart bei der Autobahnmeisterei.

Kläger musste als Straßenwart an Unfallorten bleibe, bis ein Noteinsatz beendet war

Zu der Tätigkeit als Streckenwart gehörte auch die Aufnahme von Verkehrsunfällen, wobei die Straßenmeisterei am Unfallort verbleiben musste, bis der Einsatz von Polizei, Feuerwehr und Notarzt beendet war.

Er erlitt eine schwere psychische Erkrankung und musste sich deshalb in ärztliche Behandlung begeben. Gegenüber der Unfallkasse gab er an, er habe durch seine Arbeit mit sehr vielen Unfällen, verletzten Menschen und auch sehr vielen Verkehrstoten in seinen über 30 Dienstjahren eine PTBS (Posttraumatischen Belastungsstörung) erlitten. An einen bestimmten Unfall sei die Erkrankung hingegen nicht festzumachen. Für die Entstehung der Erkrankung sei jedoch die Traumatisierung durch schwere Verkehrsunfälle verantwortlich, so der Kläger.

PTBS als Berufskrankheit nicht in Berufskrankenliste aufgelistet

  • Die Unfallkasse teilte daraufhin mit, dass die PTBS als Arbeitsunfall nicht anerkannt werden könnte, da diese nicht auf ein konkretes Unfallereignis zurückzuführen sei.
  • Auch eine Anerkennung als Berufskrankheit käme nicht in Betracht, da die PTBS nicht in der Berufskrankheiten-Liste aufgeführt sei.
  • Für die Anerkennung als „Wie-Berufskrankheit“ fehle es an neuen medizinischen Erkenntnissen.

Sowohl das Sozialgericht Gießen als auch das Landessozialgericht Darmstadt bestätigten die Auffassung der Unfallkasse.

Was sind die Voraussetzungen für eine Anerkennung als „Wie-Berufskrankheit"

Nach der BSG-Rechtsprechung sei die Feststellung einer „Wie-Berufskrankheit" von folgenden Voraussetzungen abhängig:

Eine bestimmte Personengruppe muss bei ihrer Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sein.  Diese besonderen Einwirkungen müssen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft generell geeignet sein, Krankheiten solcher Art hervorzurufen.

Diese medizinischen Ereignisse müssen bei der letzten Ergänzung der Anlage 1 zur BKV noch nicht im ausreichenden Maß vorgelegen haben oder ungeprüft sein. Der Ursachenzusammenhang zwischen Krankheit und gefährdender Arbeit muss im konkreten Fall hinreichend wahrscheinlich sein.

PTBS nicht generell auf berufliche Belastung von Ersthelfern zurückzuführen

Zwar seien Straßenwärter als Ersthelfer besonderen Einwirkungen durch die Konfrontation mit traumatischen Erlebnissen anderer Personen (Tod oder schweren Verletzungen) in einem erheblich höheren Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Es lägen jedoch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür vor, dass

„(allein) die wiederholte Konfrontation der Ersthelfer mit traumatischen Ereignissen anderer Personen generell geeignet sei, eine PTBS zu verursachen“,

so die Darmstädter Richter.

(LSG Darmstadt, Urteil v. 13.08.2019, L 3 145/14).

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Hintergrund: Berufskrankheitenliste

Die Berufskrankheitenliste (BK-Liste) führt als Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anerkannte Berufskrankheiten auf. Aktuell sind in der Liste 80 anerkennungsfähige Berufskrankheiten aufgeführt.Die Berufskrankheitenverordnung wird von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassen (§ 9 Abs.1 Sozialgesetzbuch-SGB-VII).

Zu den einzelnen Berufskrankheiten gibt es Merkblätter mit Informationen.


Schlagworte zum Thema:  Berufskrankheit, Verkehrsunfall