Rz. 78
Der Versicherungsschutz umfasst erst die notwendigen Kosten nach Eintritt des Rechtsschutzfalls. Vorsorgliche Beratungen, Vertragskontrollen oder das Entwerfen von Verträgen sind in der Regel nicht erfasst. Erforderlich sind vielmehr ein Rechtsverstoß des Gegners oder der Vorwurf eines Rechtsverstoßes gegen den Versicherten.
Damit ist die Beratung über den Inhalt eines Mietvertrages nicht von der Rechtsschutzversicherung gedeckt, der Abschluss oder die Formulierung eines Räumungsvergleiches nach außerordentlicher Kündigung aber schon.
Rz. 79
Die Versicherungsbedingungen schließen im Bereich grundstücksbezogener Rechtsgeschäfte häufig auch folgende Streitigkeiten aus:
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Streitigkeiten zum Erwerb oder Veräußerung von Baugrundstücken, Umbauarbeiten oder deren Finanzierung, |
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Streitigkeiten zur steuerlichen Bewertung von Grundstücken sowie Erschließungsbeiträge, Enteignungs-, Planfeststellungs-, Flurbereinigungsverfahren, |
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die im Baugesetzbuch geregelten Angelegenheiten, wie Erteilung von Baugenehmigungen, |
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Streitigkeiten von mehreren Versicherten des gleichen Vertrages untereinander, |
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Streitigkeiten gegen Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten, auch wenn sie nicht mitversichert sind, |
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Ansprüche aus an den Versicherungsnehmer abgetretenem Recht, |
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Kosten für den Forderungseinzug, wenn Uneinbringlichkeit dem Auftraggeber bekannt war, |
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Kosten in Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren des Versicherten, |
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Streitigkeiten gegen den Rechtsschutzversicherer selbst, |
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Angelegenheiten der Enteignung, |
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Fälle einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles, |
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mutwillig herbeigeführte Rechtsstreitigkeiten oder |
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Fälle mit mangelnden Erfolgsaussichten. |
In diesen Fällen sollten die Versicherungsbedingungen des jeweiligen Versicherers noch einmal geprüft werden. Die meisten Versicherer haben ihre ARB im Internet zum Download bereitgestellt.
Rz. 80
Im Regelfall sehen die Versicherer eine Wartezeit von 3 Monaten vor. In Einzelfällen wird diese Frist abbedungen. Das ist häufig der Fall, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherung wechselt. Mit dieser Wartezeit ist verbunden, dass Rechtsschutzfälle, die in dieser Wartezeit entstanden sind, nicht unter den Versicherungsschutz fallen.
Bei Dauerverstößen oder bei mehreren gleichartigen Verstößen enthalten die meisten ARB in § 4 die Regelung, dass sich die Beurteilung nach dem ersten Verstoß richtet. Dabei dürfen aber Vorkommnisse nicht berücksichtigt werden, die mehr als ein Jahr vor dem Versicherungsbeginn liegen.
Rz. 81
Beispiel:
Der Mieter Bernd Immel sucht Rechtsanwalt Claas Lever auf, weil der Vermieter deutlich überhöhte Betriebskostenvorauszahlungen gefordert hat, die er nicht gezahlt hat. Nun hat er eine außerordentliche Kündigung erhalten. Der Vermieter hat in den letzten 10 Jahren häufiger zu hohe Vorauszahlungen gefordert. Nach genauer und aufwändiger Prüfung der Abrechnung stellten sich die von B. Immel gezahlten Vorauszahlungen stets als angemessen heraus. Ein halbes Jahr vor der letzten Abrechnung hat er sich dann für den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung entschieden.
Die unangemessenen geforderten Vorauszahlungen stellen Dauerverstöße dar. Begannen die ersten vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung, so kann der Versicherungsschutz entfallen, weil der Beginn des Dauerverstoßes vor Versicherungsbeginn gelegen hat.
Gab es in den Jahren vor Abschluss der Versicherung eine Phase mit der Forderung angemessener Vorauszahlungen, soll der Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift für den neuen Rechtsschutzfall trotz Dauerverstoß dennoch entstehen.
In der Rechtsprechung wurde diese Regelung bereits als intransparent und damit unwirksam angesehen. Schon die Tatsache, dass für die Erklärung dieser Klausel offenbar die Nennung eines Beispiels erforderlich war, deutet darauf hin, dass an dieser Argumentation "etwas dran ist".
Praxistipp:
Auch wenn der Fall nicht in den Anwendungsbereich einer Rechtsschutzversicherung fällt, lohnt sich von Zeit zu Zeit die Deckungsanfrage beim Versicherungsgeber. Mit einigen lassen sich Kulanzregelungen – z.B. in Form der Übernahme der Erstberatung – erzielen. Hilfreich ist es in diesen Fällen, sich nicht direkt an den Stammsitz des Versicherers, sondern an den betreuenden Versicherungsvertreter zu wenden. Diese können dem Antrag Nachdruck verleihen und sich beim Versicherer für den Kunden einsetzen.