Rz. 225

Mit der Einführung der neuen Vorschriften des RVG muss die Entscheidung getroffen werden, in welchen Fällen die neuen und wann die alten Vorschriften anzuwenden sind. Die Frage hat der Gesetzgeber im neuen § 60 RVG geregelt:

 

§ 60 RVG Übergangsvorschrift

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

 

Rz. 226

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es dabei entscheidend auf den ersten unbedingten Auftrag zur Übernahme der jeweiligen Angelegenheit ankommen. Dabei werden sämtliche unterschiedliche Angelegenheiten auch unterschiedlich betrachtet.

 

Beispiel:

Claas Clever soll offene Mietforderungen gegen den Mieter Bernd Räsig aus dem Jahr 2020 geltend machen. Den Auftrag erhält er im Oktober 2020. Er soll zunächst mahnen. Nach erfolgloser Mahnung bittet ihn sein Mandant am 27.12.2020 das Klageverfahren einzuleiten, was C. Lever auch am 4.1.2021 weisungsgemäß tut. Im Laufe des Verfahrens entstehen weitere Mietrückstände, die C. Lever klageerweiternd auch noch geltend macht. Für die vorgerichtliche Tätigkeit und auch für das Klageverfahren kann C. Lever nur nach altem Recht abrechnen, da der unbedingte Klageauftrag in der ersten Angelegenheit noch nach altem Recht erteilt wurde.

Übernimmt ein Rechtsanwalt den Auftrag zur Einleitung des Mahnverfahrens in 2020 und wird er nach dem Jahreswechsel beauftragt das Klageverfahren nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid im Klageverfahren zu betreiben, so kann er die vorgerichtliche Tätigkeit und das Mahnverfahren nach altem Recht, die Klage selbst aber nach neuem Recht abrechnen. Nach § 17 Nr. 2 RVG sind Mahnverfahren und Klage eigene Angelegenheiten.

 

Rz. 227

Es kommt also darauf an, wann der unbedingte Auftrag erteilt wurde. Der Formulierung des Auftrages kommt dabei große Bedeutung zu. Lässt die Weisung darauf schließen, dass die Forderung im Falle eines Widerspruches auf jeden Fall im Klagewege fortgesetzt werden soll, gilt der Auftrag mit dieser Weisung als erteilt. Behält sich der Mandant aber noch vor, nach Einspruch oder Widerspruch gesondert über die Angelegenheit zu entscheiden, kann von zwei verschiedenen Aufträgen ausgegangen werden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?