Rz. 14
Der wirtschaftlich orientierte Rechtsanwalt ist daran interessiert, die Gebührenforderung sicherzustellen. Wichtigstes Instrument ist dabei § 9 RVG. Für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen kann der Rechtsanwalt einen angemessenen Vorschuss vom Mandanten fordern.
Der Zeitpunkt der Vorschussforderung ist dabei unerheblich. Bei Beauftragung ist die Vorschussforderung ebenso zulässig, wie nach der Erbringung erster Teilleistungen oder nach zeitweisem Stillstand der Mandatsbearbeitung.
Die Nichtzahlung des Vorschusses kann für den Rechtsanwalt Anlass sein, die Niederlegung des Mandates zu prüfen. Hier ist allerdings Fingerspitzengefühl gefragt. So kann die Niederlegung des Mandates erst nach Androhung für den Fall der Nichtzahlung vorgenommen werden.
Rz. 15
Erfolgt die Rechnungslegung kurz vor einem Gerichtstermin und macht der Rechtsanwalt kurz vor dem anstehenden Termin deutlich, dass er die weitere Vertretung von der Zahlung des Vorschusses oder vom Abschluss einer neuen Gebührenvereinbarung abhängig machen will, so ist die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten. Die Kündigung zur Unzeit ist unzulässig und führt zu Schadensersatzansprüchen aus § 280 BGB.
Vor diesem Hintergrund sind Vorschussforderungen zeitlich so zu gestalten, dass nicht der Eindruck entsteht, der Rechtsanwalt wolle den Mandanten angesichts anstehender Termine unter Druck setzen. Die Zahlungsbereitschaft zu Beginn des Mandates wird ohnehin am größten sein. Diesen Zeitpunkt für die Stellung einer Vorschussrechnung zu nutzen, dürfte in den meisten Fällen unproblematisch sein.
Die Drohung mit der Niederlegung des Mandates ist auch an die Grenzen von Treu und Glauben gebunden. Der Rechtsanwalt muss widersprüchliches Verhalten vermeiden, indem er den Eindruck vermeidet, dennoch weiterhin für den Mandanten tätig zu werden. Die Anforderung von Unterlagen nach der Niederlegungsandrohung oder sogar der Niederlegung des Mandates erfüllt gerade diesen widersprüchlichen Eindruck und führt zu Schadensersatzansprüchen des Mandanten.
Rz. 16
Seit dem 1.1.2014 ist auch der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt berechtigt, einen Vorschuss aus der Staatskasse zu verlangen; § 47 Abs. 1 RVG. Die Nichtzahlung berechtigt hier allerdings nicht zur Niederlegung des Mandates, da die Rechtsgrundlage hier nicht das Vertragsverhältnis, sondern die Beiordnung durch das Gericht ist. Voraussetzung der Niederlegung der Anwaltstätigkeit ist hier nur die Entbindung von der Beiordnung durch das Gericht.
Die Vorschussleistung im Beratungshilfeverfahren ist nach § 47 Abs. 2 RVG ausgeschlossen. Daraus folgt, dass die Abrechnung erst nach Beendigung des Mandates erfolgen darf. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Vorschussforderung eines bestellten Prozesspflegers einer nicht prozessfähigen Partei nach § 41 RVG aus der Staatskasse und die Vorschussforderung auf eine Gebühr für den Musterkläger in einem Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz nach § 41a Abs. 4 S. 2 RVG.
Außerhalb der genannten Fallgebiete der Mandatskündigung zur Unzeit und der Beratungs-, Verfahrens- oder Prozesskostenhilfe kann der Rechtsanwalt seine Leistungen und auch die Mandatsübernahme durchaus von der Gewährung des Vorschusses abhängig machen.
Rz. 17
Das Verlangen eines Vorschusses ist nicht an die Form des § 10 RVG gebunden. Dieser verlangt eine nach Gebührentatbeständen aufgeschlüsselte Rechnung. Trotzdem fordert § 14 UStG Mindestinhalte, die auch bei der Vorschussrechnung einzuhalten sind. Die Nichteinhaltung würde hier zumindest bei vorsteuerabzugsberechtigten Mandanten zu einem teilweisen Zurückbehaltungsrecht in Höhe der Umsatzsteuer führen.
Die Höhe des Vorschusses richtet sich nach den im jeweiligen Verfahrensabschnitt zu erwartenden Gebühren. Diese müssen dabei aber nicht hinter den wahrscheinlich anfallenden Gebühren zurückbleiben. Gegen die Forderung eines Vorschusses in Höhe der Mittelgebühr oder der Regelgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit wird in der Regel nichts einzuwenden sein.
Bei der späteren Abrechnung der Gebühren für den jeweiligen Verfahrensabschnitt sind die gezahlten Vorschüsse zu berücksichtigen. Unterliegt die Vorschusszahlung der Umsatzsteuer, ist bei der finalen Abrechnung auch der korrekte Nettobetrag auszuweisen:
Beispiel:
Die Vorschussrechnung wurde wie folgt gestellt:
Vorschusszahlungen |
84,03 EUR |
zzgl. 19 % Umsatzsteuer |
15,97 EUR |
Zahlbetrag: |
100,00 EUR |
Die Abrechnung hat dann wie folgt auszusehen:
Gegenstandswert: 1.400,00 EUR
1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV |
165,10 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale |
20,00 EUR |
./. gezahlter Vorschuss |
– 84,03 EUR |
|
101,07 EUR |
zzgl. 19 % Umsatzsteuer aus 101,07 EUR |
19,20 EUR |
|
120,27 EUR |
Damit ist der Umsatzsteuerbetrag korrekt ausgewiesen und die Umsatzsteuer wird nicht doppelt erhoben oder unterschlagen.
Alternativ muss bei einem geforderten Bruttovorschuss auch bei der Abschlussrechnung der Bruttobetrag in Abzug gebracht werden...