Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 61
Einziger Scheidungsgrund ist nach § 1565 Abs. 1 BGB das Scheitern der Ehe. Eine Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 BGB. Dabei wird für die Aufhebung der Lebensgemeinschaft, die Trennung, i.d.R. eine Zeitdauer von mindestens einem Jahr verlangt. Vor Ablauf der Jahresfrist kommt die Ehescheidung nur in Betracht, wenn die Fortsetzung der Ehe für den antragstellenden Ehegatten aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde, § 1565 Abs. 2 BGB.
Die Voraussetzungen für die Unzumutbarkeit des Abwartens der Trennungszeit werden zwar in der Rechtsprechung uneinheitlich, jedoch allgemein sehr streng gehandhabt. Ein gravierender Sachverhalt ist mit substantiiertem Vortrag auch dann notwendig, wenn der andere Ehegatte scheidungswillig ist. Entscheidend ist zu fragen, ob das Verhalten des anderen Ehegatten eine sofortige Aufhebung des Bandes der Ehe zwingend verlangt oder ob umgekehrt zumutbar ist, mit der Einreichung des Scheidungsantrags bis zum Ende des Trennungsjahres abzuwarten.
Rz. 62
Nach § 1566 BGB wird die Zerrüttung der Ehe unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehegatten ein Jahr getrennt leben und beide die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt (Abs. 1) oder aber die Ehepartner drei Jahre lang getrennt leben (Abs. 2).
Rz. 63
Die Ehescheidung kann trotz Zerrüttung ausnahmsweise verweigert werden, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den scheidungsunwilligen Antragsgegner aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint (§ 1568 BGB). Solche Umstände darf das Familiengericht trotz der Amtsermittlungsmaxime im Ehescheidungsverfahren, § 127 Abs. 1 FamFG, nur berücksichtigen, wenn der scheidungsunwillige Ehegatte sie vorbringt, § 126 Abs. 3 FamFG.
Die Verhinderung einer solchen "Scheidung zur Unzeit" wird aber nur in extremen Ausnahmefällen möglich sein. Selbst, wenn die Scheidung für einen Ehegatten aufgrund seines Gesundheitszustandes eine existenzbedrohende Wirkung mit Suizidgefährdung haben könnte, muss dies nicht zur Verhinderung der Scheidung führen.
Rz. 64
Nach der Definition des § 1567 BGB leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie im Hinblick auf die Ablehnung der ehelichen Lebensgemeinschaft erkennbar nicht herstellen will. Es wird vom Gesetzgeber klargestellt, dass die Trennung in diesem Sinne auch innerhalb der ehelichen Wohnung stattfinden kann, § 1567 Abs. 1 S. 2 BGB. Derjenige, der sich auf den Ablauf der Trennungszeit beruft, hat dies allerdings im Streitfall zu beweisen. Dies wird im Falle einer Trennung innerhalb der Ehewohnung häufig nicht gelingen, da die Trennung nach objektiven Kriterien nach außen deutlich werden muss.
Rz. 65
Unter "Versöhnung" ist ein neuerliches Zusammenleben mindestens in eingeschränkter häuslicher Gemeinschaft zu verstehen. Auch wenn der aus der Ehewohnung ausgezogene Ehegatte seine neue Wohnung behält, sich aber mit dem Willen zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft überwiegend in der Ehewohnung aufhält, liegt ein Versöhnungsversuch vor. Die Beendigung der Trennung kann in diesen Fällen aber erst nach längerer Zeit des Zusammenlebens festgestellt werden.
Die Rechtsprechung ist insoweit uneinheitlich. Man wird aber nach 3-monatigem Zusammenleben von einer Aufhebung der Trennung ausgehen müssen. Wer allerdings mit seiner gesamten Habe in die Ehewohnung zurückkehrt, sich wieder ummeldet, das Telefon wieder anmeldet, den Scheidungsantrag und weitere Anträge zum Unterhalt zurücknimmt, unterbricht die Trennung durch Versöhnung. Auf einen weiteren Zeitablauf kommt es dann nicht mehr an.
Für die Frage des Zeitmoments spielt im Übrigen eine Rolle, wie lang die Zeit des Getrenntlebens bereits war. Je kürzer die Zeit des Getrenntlebens war, desto kürzer kann auch die Zeit der Versöhnung sein, um von einer Unterbrechung ausgehen zu können. Leben Ehegatten erst 3 Monate voneinander getrennt, wird man bereits nach der weiteren Hälfte dieser Zeit (6 Wochen) von einer Unterbrechung der Trennung ausgehen können.