Rz. 58

Nach zunächst bestehender gemeinsamer elterlicher Sorge tritt alleinige Sorge eines Elternteils ein, wenn der andere Elternteil in der Wahrnehmung seiner Sorgerechtsbefugnisse ausfällt durch

Tod (§ 1680 Abs. 1 BGB),
Todeserklärung (§ 1681 Abs. 1 BGB) oder
Ruhen der elterlichen Sorge (§§ 1673 ff. BGB).
 

Rz. 59

Im Fall der bestehenden Alleinsorge eines Elternteils sieht § 1680 Abs. 2 BGB Regelungen vor, falls der Elternteil verstirbt, dem nach § 1626a Abs. 3 oder § 1671BGB die alleinige elterliche Sorge zustand. In diesem Fall ist die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu übertragen, soweit dies nicht dem Wohl des Kindes widerspricht. Einem Vater, dem jegliches Gespür für die Traumatisierung des Kindes fehlt, das an dem gewaltsamen Tod der Mutter leidet, für den der Vater mit hoher Wahrscheinlichkeit verantwortlich ist, kann die Sorge nicht übertragen werden.[235]

 

Rz. 60

Dieselben Grundsätze gelten auch in den Fällen des § 1680 Abs. 3 BGB, wenn also dem alleinsorgeberechtigten Elternteil nach § 1666 BGB die elterliche Sorge ganz oder teilweise entzogen wird.[236] Fehlte es allerdings in diesem Fall bislang an einer Übernahme väterlicher Verantwortung, hat also der Vater mit der Mutter nie zusammengelebt und auch durch Umgangskontakte über mehrere Monate keine echte Beziehung hergestellt, weil er in seiner Erziehungsfähigkeit eingeschränkt ist, so wird ihm die Sorge kaum übertragen werden können. Auch der ablehnende Wille eines älteren Kindes, das lieber bei einem Verwandten wohnen bleiben will, den die Mutter in letztwilliger Verfügung als Vormund benannt hat, dürfte zu berücksichtigen sein.[237]

[235] BVerfG FamRZ 2008, 381; Anm. Völker, FamRB 2008, 72.
[237] OLG Köln FamRZ 2012, 138 zu einem 12-jährigen Kind.

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