RA Unser hat unbedingten Klageauftrag von Alt gegen Jung wegen Zahlung von 6.500,00 EUR. RA Unser sendet dem Jung ein Aufforderungsschreiben, wonach Jung 1.500,00 EUR zahlt. Der Restbetrag wird von RA Unser eingeklagt.
RA Euer beantragt für den Gegner Jung, die Klage abzuweisen und erhebt Widerklage wegen eines ganz anderen Streitgegenstandes in Höhe von 3.000,00 EUR. Im ersten Verhandlungstermin erkennt RA Euer einen Teilbetrag von 2.000,00 EUR sofort an, worauf ein von RA Unser beantragtes Teilanerkenntnisurteil ergeht. Über die restlichen Ansprüche aus Klage und Widerklage wird streitig verhandelt. Sodann ergeht ein Beweisbeschluss, wonach über die restlichen Ansprüche aus Klage und Widerklage Beweis erhoben werden soll. Danach erweitert RA Unser die Klage um 1.000,00 EUR. Nach der umfangreichen Vernehmung mehrerer Zeugen und Sachverständiger an vier Terminen und weiterer Verhandlung ergeht Urteil.
Die Sachverhaltsskizzierung zu vorstehendem Beispiel sieht wie folgt aus:
Zeitlicher Ablauf |
Wert |
Verfahrensgebühr |
Terminsgebühr |
Beweisgebühr |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Vorgerichtliche Erledigung |
1.500,00 EUR |
1.500,00 EUR |
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Klage eingereicht |
5.000,00 EUR |
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Widerklage |
3.000,00 EUR |
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= zusammen |
8.000,00 EUR |
8.000,00 EUR |
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Erster Verhandlungstermin |
8.000,00 EUR |
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8.000,00 EUR |
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Nach Teilanerkenntnisurteil |
2.000,00 EUR |
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weitere Verhandlung wegen |
6.000,00 EUR |
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Beweisbeschluss |
6.000,00 EUR |
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Klageerweiterung |
1.000,00 EUR |
1.000,00 EUR |
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Prozessgegenstand insgesamt |
9.000,00 EUR |
9.000,00 EUR |
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Verfahrensgebühr also nach |
9.000,00 EUR |
9.000,00 EUR |
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Zweiter Verhandlungstermin |
7.000,00 EUR |
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davon bisher noch keine Terminsgebühr berechnet |
1.000,00 EUR |
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1.000,00 EUR |
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Beweisaufnahmen |
7.000,00 EUR |
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7.000,00 EUR |
Terminsgebühr also nach |
9.000,00 EUR |
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9.000,00 EUR |
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Der Streitwert von Klage und Widerklage ist zu addieren, weil im Sachverhalt ausdrücklich gesagt ist, dass Klage und Widerklage nicht denselben Gegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 S. 1 GKG). Gemäß § 39 Abs. 1 GKG und nach § 22 Abs. 1 RVG sind die Werte der Klage und der Klageerweiterung zusammenzurechnen, sodass sich als für die zu berechnende Verfahrensgebühr maßgeblicher Wert ergibt:
5.000,00 EUR + 3.000,00 EUR + 1.000,00 EUR = 9.000,00 EUR. (Spalte 3).
Die Terminsgebühr berechnet sich nach dem Wert, über den insgesamt verhandelt wurde, wobei es unerheblich ist, dass im zweiten Verhandlungstermin nur noch über einen verbliebenen niedrigeren Wert verhandelt wurde, denn wenn eine Gebühr erst einmal entstanden ist, wirkt sich eine spätere Herabsetzung des Wertes nach § 15 Abs. 4 RVG nicht mehr aus:
8.000,00 EUR + 1.000,00 EUR = 9.000,00 EUR. (Spalte 4).
Für die vier umfangreichen Beweisaufnahmetermine erhält der RA die Zusatzgebühr (Beweisgebühr) gemäß Nr. 1010 VV RVG nach dem verbliebenen Wert von 7.000,00 EUR (Spalte 5).
Es wird erkennbar, dass letztlich nur die fett gedruckten Werte bedeutsam sind; die Spalten 1 und 2 dienen nur dazu, den Fall in den Griff zu bekommen. Gerade als Anfänger sollte man jedoch den zeitlichen Ablauf des Falles genau skizzieren, damit nicht wesentliche Entwicklungen übersehen werden.