Rz. 325

Abermals entscheidend für die Entstehung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG ist, dass der Anwalt zum Prozessbevollmächtigten für die Berufungsinstanz bestellt wurde. Entscheidend ist dabei der Inhalt des Auftrages im Innenverhältnis.

 

Rz. 326

 

Beispiel

Anwalt A wird zwei Tage vor Ablauf der Berufungsfrist beauftragt, gegen ein klageabweisendes Urteil des Amtsgerichts (Streitwert: 4.000,00 EUR) fristwahrend Berufung einzulegen. Im Anschluss daran soll er die Erfolgsaussichten der Berufung prüfen. A legt Berufung ein und kommt zum Ergebnis, dass eine Durchführung der Berufung keine Erfolgsaussichten hat. Er empfiehlt dem Mandanten M, die Berufung zurückzunehmen. M handelt entsprechend dieser Empfehlung.

Die Gebühren des Anwalts berechnen sich wie folgt:

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200   444,80 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 464,80 EUR  
3. Umsatzsteuer, VV 7008   88,31 EUR
Gesamt   553,11 EUR
 

Rz. 327

Mit der Einlegung der Berufung ist die Verfahrensgebühr in voller Höhe verdient. Hingegen erhält der Anwalt, wenn er nach (ggf. nur fristwahrender) Berufungseinlegung die Erfolgsaussichten prüfen soll, keine Gebühr nach Nrn. 2100, 2101 VV RVG. Die Prüfung ist hier nämlich Teil des Betreibens des Geschäfts und mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Fragen der Anrechnung stellen sich hier also nicht.

 

Rz. 328

Die Verfahrensgebühr fällt als volle Gebühr in Höhe von 1,6 (Nr. 3200 VV RVG) an, sobald der Anwalt einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, eingereicht oder sobald er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat. Bei vorzeitiger Beendigung erhält er nur eine reduzierte Verfahrensgebühr in Höhe von 1,1 (Nr. 3201 VV RVG).

 

Rz. 329

 

Beispiel

Anwalt A, der für seinen Mandanten ein stattgebendes Urteil in einer Verkehrsunfallsache erstritten hat (Streitwert: 10.000,00 EUR), erhält die Berufungsschrift der Gegenseite zugestellt. Er zeigt dem Gericht an, den Kläger weiterhin zu vertreten, stellt aber keinen Sachantrag. Die Beklagtenseite nimmt sodann die Berufung zurück.

Die Gebühren des Anwalts in der Berufungsinstanz errechnen sich wie folgt:

 
1. 1,1-Verfahrensgebühr, VV 3201   675,40 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 695,40 EUR  
3. Umsatzsteuer, VV 7008   132,13 EUR
Gesamt   827,53 EUR
 

Rz. 330

Durch die reine Bestellungsanzeige ohne Sachantrag auf Zurückweisung der Berufung fällt lediglich eine reduzierte Verfahrensgebühr an.

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