Bernd Kuckenburg, Renate Perleberg-Kölbel
Rz. 569
Obwohl der Bilanzierende beispielsweise über die Wertansätze und die Wertberichtigungen größere Gestaltungsmöglichkeiten hat, stehen diese aber auch bei der EÜR zur Verfügung.
Rz. 570
Unterhaltsrelevanz
Hierin liegt natürlich auch ein unterhaltsrechtliches Manipulationspotenzial.
Damit hat auch der Unterhaltsschuldner bei der EÜR "Gestaltungsmöglichkeiten".
Rz. 571
Dabei ist zunächst einmal zum Verständnis nochmals auf die Durchbrechung des Zu- und Abflussprinzips hinzuweisen, obwohl die EÜR grundsätzlich eine Ist-Rechnung gemäß § 11 EStG ist.
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Durchlaufende Posten sind nicht zu berücksichtigen. |
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Darlehensaufnahme und Darlehenshingabe finden ebenso wie die Tilgung keine Berücksichtigung. Bei Fremdwährungsdarlehen eintretende Kursänderungen werden jedoch bei (Teil)Tilgung erfolgswirksam. |
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Die Vorschriften der AfA, ohne die Möglichkeit der Teilwertabschreibung, sind zu befolgen, wie auch die Regeln der GWG. |
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§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG regelt mit Verpflichtung der Erstellung eines besonderen Verzeichnisses entgegen dem Abflussprinzip: die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. |
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Steuerfreie Rücklagen können nicht gebildet werden. |
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Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben (§ 11 Abs. 2 S. 2 EStG), die kurze Zeit vor oder nach dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit gezahlt werden, sind im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu erfassen. |
Rz. 572
Vorteile der EÜR:
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einfache und kostengünstige Erstellungsmöglichkeit |
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Liquiditätsvorteile, da Gewinn nicht bereits im Zeitpunkt der Realisation, sondern erst beim Zufluss der Betriebseinnahmen zu versteuern ist (Steuerungsmöglichkeiten- zur Vor- oder Nachverlagerung). |
Rz. 573
Nachteile der EÜR:
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Schwankungen von Einnahmen und Ausgaben werden mangels Periodisierung von Erträgen und Aufwendungen nicht verteilt. |
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Der Steuerpflichtige kann keine Rückstellungen oder Teilwertabschreibung vornehmen (z.B. Rückstellungen für Pensionsverpflichtung). |
Rz. 574
Gestaltungsmöglichkeiten:
1. |
Wahl der Gewinnermittlungsart Freiberufler oder Gewerbetreibende, die die Größenklassen des § 141 AO nicht überschreiten, können wählen, welche Gewinnermittlungsart sie anwenden wollen. |
2. |
Nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart Ein nachträglicher Wechsel von der EÜR zum Betriebsvermögensvergleich ist nicht mehr zulässig, wenn der Steuerpflichtige nicht zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums eine Eröffnungsbilanz erstellt. Dies ist konsequent, weil die Eröffnungsbilanz den Anfangsbestand des Betriebsvermögens ausweist und damit die Grundlage der Buchungen für die folgenden Wirtschaftsjahre bildet. |
3. |
Gewinnverlagerung durch Ausnutzung der Steuerprogression Dies geschieht durch Verlagerung des Zu- und Abflusses von Einnahmen und Ausgaben. |
Rz. 575
▪ Unterhaltsrelevanz
In der unterhaltsrechtlichen Fallbearbeitung sollte deshalb bei den Verbuchungen um das Jahresende herum geprüft werden, ob und welche Einnahmen ins Folgejahr verlagert und welche Ausgaben vorgezogen worden sind.
Rz. 576
4. |
Ausgaben für Nutzungsüberlassung Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus (!) geleistet, sind sie nach § 11 Abs. 2 S. 3 EStG insgesamt auf den Zeitraum gleichzeitig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Werden also beispielsweise Erbbauzinsen, Miet- und Pachtentgelte für die Nutzung von Grundstücken von weniger als fünf Jahren im Voraus geleistet, ist diese steuerlich wirksam! |
So können erheblich Gewinne reduziert werden.
Beispiel
Das Unternehmen erwirtschaftet einen Gewinn von 20.000 EUR. Dabei wurden für vier Jahre im Voraus Erbbauzinsen in Höhe von 16.000 EUR geleistet, die den Gewinn reduziert haben.
Lösung
12.000 EUR sind dem Unterhaltseinkommen zuzurechnen (pro Jahr 4.000 EUR x 3 Jahre).
Rz. 577
Grundsätzlich sind Vereinbarungen über Vorauszahlungen nicht unwirksam nach § 42 S. 1 AO. Danach liegt ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nur dann vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche und sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.
Also nur in Ausnahmefällen kann von einem steuerrechtlichen Gestaltungsmissbrauch gesprochen werden (bei der unterhaltsrechtlichen Fallbearbeitung kann man sich deshalb nicht einmal auf eine steuerliche Betriebsprüfung, wie sonst, verlassen), weil dies der Gesetzgeber bei der Regelung nach § 4 Abs. 3 EStG billigend in Kauf genommen hat. Dadurch ergeben sich für den Steuerpflichtigen und Unterhaltsschuldner Gestaltungsmöglichkeiten durch das bewusste Herbeiführen eines Zuflusses o...