Rz. 79

Das reformierte VVG behandelt die Vorschriften über die Rechtsschutzversicherung in den §§ 125 bis 129 VVG. Insoweit wirken sich die weit reichenden Veränderungen auch auf die Sparte der Rechtsschutzversicherung aus, weil "eines der Herzstücke der geplanten Reform des VVG die Neufassung des Obliegenheitsrechts darstellt".[71]

 

Rz. 80

Erfreulich ist, dass in § 127 VVG weiterhin die freie Anwaltswahl statuiert ist. Hiernach ist der Versicherungsnehmer berechtigt, zu seiner Vertretung den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen.

 

Rz. 81

In § 128 VVG wird neben dem Stichentscheid auch das Gutachterverfahren beibehalten. Danach hat der Versicherer, soweit er seine Leistungspflicht verneint, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete oder mutwillig sei, im Versicherungsvertrag ein Gutachterverfahren oder ein anderes Verfahren (z.B. Stichentscheidsverfahren) mit vergleichbaren Garantien für die Unparteilichkeit vorzusehen, in dem Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien über die Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit einer Rechtsverfolgung entschieden werden. Dies ist in den bisherigen Fassungen der ARB regelmäßig ausgestaltet gewesen. Hervorzuheben ist: Der Versicherer ist verpflichtet, den Versicherungsnehmer bei Ablehnung seiner Leistungspflicht hierauf hinzuweisen. Soweit der Versicherungsvertrag kein derartiges Verfahren vorsieht oder der Versicherer den Hinweis unterlässt, gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers im Einzelfall als anerkannt. Mithin kann sich der Versicherer für den Fall nicht mehr auf die fehlenden Erfolgsaussichten oder Mutwilligkeit berufen (vgl. § 17 Abs. 1 und 2 ARB 75, § 18 Abs. 1 und 2 ARB 94).

 

Rz. 82

Gemäß § 129 VVG ist es dem Versicherer nicht möglich, von den Vorschriften der §§ 126 bis 128 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abzuweichen.

 

Rz. 83

Zu betonen ist schließlich, dass die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG ersatzlos entfällt, wobei dieser Vorschrift insbesondere in der Rechtsschutzversicherungssparte kaum Bedeutung zukam.

[71] Maier, Die Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzungen nach dem Regierungsentwurf zur VVG-Reform, r+s 2007, 89.

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