Rz. 1

Die Bearbeitung von Unfallsachen gehört zum Alltag jeder allgemeinen Praxis.

Neben einer eventuellen Vertretung in einem Strafverfahren oder Bußgeldverfahren geht es in erster Linie um die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers und/oder die Kaskoversicherung des Mandanten.

 

Rz. 2

Dem Geschädigten, der damit rechnet, dass die Kosten der Schadenbeseitigung entweder von der gegnerischen Haftpflichtversicherung oder von seiner eigenen Kaskoversicherung getragen werden, ist die Höhe der Schadenbeseitigungskosten gleichgültig. Dies führt dazu, dass er oft "blind" den Reparaturauftrag erteilt und sich auch sorglos mit einem Mietwagen "verwöhnen" lässt, obgleich er ein solches Fahrzeug gar nicht benötigt.

 

Rz. 3

In vielen europäischen Ländern entfällt die Hälfte der Schadenersatzleistungen durch Kfz-Haftpflichtversicherer jeweils auf Personenschaden und Sachschaden, während in Deutschland die Zahlungen auf den Sachschaden mehr als doppelt so hoch sind, wie für den Personenschaden. Dieses Missverhältnis ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass der Fahrzeugschaden fiktiv abgerechnet werden kann, weil nach § 249 Abs. 2 BGB auf den "erforderlichen" Herstellungsaufwand abgestellt wird und nicht darauf, was der Geschädigte tatsächlich aufwendet.

 

Rz. 4

Der Geschädigte, der sich allzu sorglos und desinteressiert bei der Unfallregulierung verhält, geht das Risiko ein, einen Teil des Schadens selbst tragen zu müssen, wenn er bei der Auftragserteilung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 BGB) außer Acht gelassen hat.

 

Rz. 5

Die beauftragte Werkstatt und der mit der Schadenfeststellung beauftragte Sachverständige sind zwar nicht Erfüllungsgehilfen des Geschädigten, sondern des Schädigers. Gleichwohl muss der Geschädigte den Teil des Schadens selbst tragen, der dadurch entsteht, dass er eine offensichtlich ungeeignete Werkstatt beauftragt oder ein offenkundig mangelhaftes Sachverständigengutachten eingeholt hat. Vorsicht ist nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs während der Reparaturzeit geboten: Der überteuerte Unfallersatztarif wird im Regelfall nicht erstattet.

 

Rz. 6

Wenn dann die gegnerische Haftpflichtversicherung nur einen Teil des Schadens zu ersetzen hat, wendet sich der Mandant oft vorwurfsvoll an den beauftragten Rechtsanwalt, der ihn nicht hinreichend aufgeklärt und beraten habe.

 

Rz. 7

Jeder mit der Unfallregulierung beauftragte Rechtsanwalt sollte daher bei Übernahme des Mandats seinem Mandanten empfehlen, bei der Schadenbeseitigung keinen Aufwand zu betreiben, den er bei einem Eigenschaden nicht auf sich genommen hätte.

 

Rz. 8

Jedem Mandanten in Unfallsachen sollte daher – gefragt oder ungefragt – der Rat erteilt werden, sich so zu verhalten, wie wenn er den Schaden selbst bezahlen müsste und eine eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung nicht vorhanden wäre.

 

Rz. 9

Es gilt jedoch ein objektiver Maßstab: Zu ersetzen sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfte.[1]

 

Rz. 10

Auch und vor allem bei der Unfallregulierung gilt das allgemeine Bereicherungsverbot: Der Geschädigte darf am Schadenfall nicht "verdienen", ebenso wenig ist er jedoch verpflichtet, "in die Tasche des Schädigers" zu sparen.[2]

 

Rz. 11

Ein Rechtsanwalt, der mit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall beauftragt ist, muss seinen Mandanten auch darauf hinweisen, dass er bei einem Fremdschaden seine Haftpflichtversicherung unterrichten muss; ebenso gehört es zu den Nebenpflichten aus dem Anwaltsvertrag, den Geschädigten auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass er gegebenenfalls seine Vollkaskoversicherung oder Teilkaskoversicherung in Anspruch nehmen kann.

 

Rz. 12

Zwischenzeitlich hat sich auch die Fahrerschutzversicherung durchgesetzt, die es dem Versicherungsnehmer, der als Fahrer bei einem Unfall verletzt worden ist, ermöglicht, (auch) Ansprüche gegen seinen eigenen Haftpflichtversicherer geltend zu machen. Dieser Versicherungszweig ist deshalb bedeutsam, weil bei einer Haftungsquote des Unfallgegners die Gegenquote vom eigenen Haftpflichtversicherer zu regulieren ist. Der Versicherungsnehmer muss auch gefragt werden, ob er eine Fahrzeugunfallversicherung (Insassenunfallversicherung) abgeschlossen hat oder über eine anderweitige Unfallversicherung verfügt. Derartige Unfallversicherungen bestehen oft durch einen Kreditvertrag, eine Vereinsmitgliedschaft, eine Reiseversicherung oder andere Verbindungen.

 

Rz. 13

Die Unfallversicherung ist eine Summenversicherung, sodass diese Leistungen unabhängig von den Schadenersatzansprüchen und ohne Anrechnung auf diese geltend gemacht werden können.

 

Rz. 14

Bei der Teilkaskoversicherung ist darauf zu achten, dass diese für Glasschäden auch bei einem selbst verschuldeten Unfall einzutreten hat. Dies gilt auch, wenn ein Fahrzeug in Brand gerät, allerdings wird nur der...

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