Rz. 23

Mit der Neuregelung des § 312k BGB (neu eingefügt ins BGB ab dem 1.7.2022), der gleichermaßen nicht auf europarechtlichen Vorgaben basiert, wird die Verpflichtung zur Vorhaltung eines Kündigungsbuttons für Dauerschuldverhältnisse – die im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen wurden – statuiert, wodurch bestehende Defizite im Verbraucherschutz reduziert werden sollen.[53] Die Kündigung von im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossener Verträge stellt Verbraucher nämlich – bedingt durch eine komplizierte Gestaltung der Webseite des Unternehmers – sehr oft vor besondere Herausforderungen.[54]

"Die neue Vorschrift wird für Verbraucher erhebliche Vereinfachungen bei der Kündigung von Verträgen mit sich bringen, stellt Unternehmer hingegen – insbesondere auf Plattformen – vor nicht unerhebliche Herausforderungen".[55]

 

Rz. 24

Über eine Webseite abgeschlossene Verträge sind dann über eine leicht zugängliche und auf der Internetseite des Vertragspartners gut sichtbar platzierte sog. Kündigungsschaltfläche online (mit wenigen Mausklicks) einfach kündbar, womit "der Gesetzgeber auf die neuen Herausforderungen reagiert, die die Digitalisierung für den Verbraucherschutz darstellt".[56]

 

Beachte

§ 312k BGB ist nicht Gegenstück zu den Regelungen in § 312j Abs. 3 BGB (Bereitstellung von Bestellbuttons[57] – der auf Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL beruht): § 312j BGB schafft klare, übersichtliche und verständliche Vertragsabschlusssituationen,[58] wohingegen § 312k BGB auf das Phänomen reagiert, "dass Unternehmer alles tun, dem Verbraucher den Vertragsschluss online und mit geringstem Aufwand zu ermöglichen, zugleich aber jegliche Möglichkeit der Online-Kündigung zu unterbinden versuchen".[59] Auch im Kontext mit der Anpassung der VerbrRRL durch die ModRL ist es zu keiner europarechtlichen Vorgabe zum Erlass einer Regelung zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen gekommen, weswegen der deutsche Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von § 312k BGB frei war.[60]

 

Hinweis

Erst ab dem 1.7.2022 wird mit seinem Inkrafttreten § 312k BGB die Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr regeln.

Ab dem 28.5.2022 wird folgender Paragraph – der die allgemeinen Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen normiert – als § 312k BGB neu ­eingefügt, der ab dem 1.7.2022 in § 312l BGB umnummeriert wird (so Art. 1 Nr. 6 Gesetz über faire Verbraucherverträge):

§ 312l BGB Allgemeine Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen

"(1) Der Betreiber eines Online-Marktplatzes ist verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246d des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren."

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit auf dem Online-Marktplatz Verträge über Finanzdienstleistungen angeboten werden.

(3) Online-Marktplatz ist ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die vom Unternehmer oder im Namen des Unternehmers betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen.

(4) Betreiber eines Online-Marktplatzes ist der Unternehmer, der einen Online-Marktplatz für Verbraucher zur Verfügung stellt.“

Siehe dazu auch nachstehend unter § 2 Rdn 3 ff.

§ 312k BGB (Abweichende Vereinbarungen und Beweislastumkehr) – wird mit redaktionellen Folgeänderungen infolge der Umsetzung der ModRL – zu § 312l BGB und ab dem 1.7.2022 zu § 312m BGB (so Art. 1 Nr. 6 Gesetz über faire Verbraucherverträge).

[53] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 26.
[54] RegE, BT-Drucks 19/30840, S. 15.
[55] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 28.
[56] Wais, NJW 2021, 2833 Rn 1.
[57] Wais, NJW 2021, 2833, 2836 Rn 17.
[58] RegE, BT-Drucks 17/7745, S. 6.
[59] Wais, NJW 2021, 2833, 2836 Rn 17 unter Bezugnahme auf RegE, BT-Drucks 19/30840, S. 15.
[60] Brönneke/Föhlisch/Tonner/Buchmann/Panfili, Das neue Schuldrecht, § 7 Rn 29.

I. Sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 25

Wird es Verbrauchern (§ 13 BGB) ermöglicht, über

eine vom Unternehmer (§ 14 BGB) selbst (eigene Webseite) oder
eine von einem Dritten ([fremde] Vermittlungsplattform [sofern sich dies für große Plattformen rechnet][61] – insoweit ist die Interessenlage des Verbrauchers identisch)[62]

betriebene Webseite einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr i.S.v. § 312i Abs. 1 Satz 1 BGB[63] zu schließen (nach dem ausdrücklichen Wortlaut nicht "geschlossen wurde"),[64] der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist ("Kostenfalle"), das den Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung (i.S. einer Gegenleistung in Geld)[65] verpflichtet, so treffen den Unternehmer die Pflichten nach der Neuregelung des § 312k BGB über die Kündigung von Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 BGB im elektronischen Geschäftsverkehr.

 

Rz. 26

Verbrauchervertrag ist nach § 310 Abs. 3 BGB ein Vertrag zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) als Anbieter und einem Verbraucher (§ 13 BGB) als Leistungsempf...

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