Julian Backes, Sven Eichler
Rz. 1390
Anhand der vom Messpersonal gewählten Positionen zu Beginn und Ende der Auswertung ergibt sich für das Messfahrzeug eine zurückgelegte Wegstrecke von 101 m bei einer Zeit von 5,64 Sekunden. Aus den um die Verkehrsfehlergrenzen bereinigten Werten entspricht dies einer Eigengeschwindigkeit des Messfahrzeuges von abgerundet 64 km/h.
Durch die Auswertung der Abbildungsgröße des gemessenen Fahrzeuges zu Beginn und Ende wurde mittels der ViDistA-Auswertesoftware eine Abstandsvergrößerung von 30,93 m zwischen dem Messfahrzeug und dem gemessenen Fahrzeug ermittelt. Unter Berücksichtigung dieser Abstandsvergrößerung ergibt sich für das gemessene Fahrzeug eine vorwerfbare Geschwindigkeit von abgerundet 81 km/h.
Die Überprüfung der Fotos zur behördlichen Auswertung zeigt allerdings, dass die Messlinien zur Ermittlung der Abbildungsgröße zu Ungunsten gesetzt wurden.
Vergleicht man die Position der Messlinien bei Beginn und Ende der behördlichen Auswertung, so ist festzustellen, dass sich die Messlinien bei Ende der Auswertung etwa im oberen Eckbereich der Heckscheibe und bei Beginn der Auswertung noch deutlich außerhalb des oberen Eckbereichs befinden. Die Messlinien wurden also zu Ende der Auswertung hin enger gesetzt als bei Beginn, wodurch bei der Berechnung zu Ungunsten eine größere Abstandsveränderung und damit eine höhere Geschwindigkeit ergibt.
Die folgenden Abbildungen zeigen die entsprechenden Fotos zur behördlichen Auswertung (Beginn und Ende). Die Position der Messlinien in Bezug zu den oberen Eckpunkten der Heckscheibe sind hierbei zusätzlich durch Pfeile verdeutlicht.
Abbildung 24: Beginn der behördlichen Auswertung – Messlinien verlaufen deutlich außerhalb der oberen Eckpunkte der Heckscheibe
Abbildung 25: Ende der behördlichen Auswertung – Messlinien verlaufen im Bereich der oberen Eckpunkte der Heckscheibe
Die beiden folgenden Abbildungen zeigen wiederum dieselben Positionen im Rahmen der überprüfenden Auswertung, wobei hier ebenfalls die Abbildungsgröße (Breite) des gemessenen Fahrzeuges markiert ist.
Die Abbildungsgröße des gemessenen Fahrzeuges beträgt bei Beginn 335 Bildpunkte und bei Ende 142 Bildpunkte.
Abbildung 26: Beginn der überprüfenden Auswertung – 335 Bildpunkte
Abbildung 27: Ende der überprüfenden Auswertung – 142 Bildpunkte
Zur Berechnung der Abstandsveränderung zwischen dem Messfahrzeug und dem gemessenen Fahrzeug wurde anhand des Beweisvideos unabhängig von der behördlichen Auswertung ein Referenz-/Kalibriermaß am gemessenen Fahrzeug gebildet.
Anhand der Abbildungsgröße zu Beginn und Ende sowie des ermittelten Kalibrierfaktors ergibt sich eine Abstandsvergrößerung von 18,85 m bzw. 17,45 m nach Berücksichtigung der anzusetzenden Toleranz bei der ViDistA-Auswertung.
Unter Berücksichtigung dieser Abstandsvergrößerung innerhalb der Messstrecke errechnet sich für das gemessene Fahrzeug eine vorwerfbare Geschwindigkeit von abgerundet 72 km/h.
Dieses Fallbeispiel zeigt, dass die Auswertung über eine kurze Messstrecke mit zu Ungunsten gesetzten Messlinien trotz der ViDistA-Auswertetoleranz zu deutlichen Abweichungen hinsichtlich der vorwerfbaren Geschwindigkeit führen kann.