Rz. 136
a) Der Fall
Rz. 137
Die Klägerin begehrte die Zahlung von Hinterbliebenengeld wegen eines tödlichen Arbeitsunfalls ihrer Schwiegertochter.
Rz. 138
Am 14.3.2018 halfen die Verstorbene und ihr Ehemann dem Beklagten zu 1 als Fahrer des bei der Beklagten zu 2 versicherten Traktors in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb bei der Errichtung eines Weidezauns. Der Hof wurde von der Verstorbenen, ihrem Ehemann und der Klägerin betrieben. Die Klägerin war beinahe täglich auf dem Hof und half bei den anfallenden Arbeiten, der Haushaltsführung und der Betreuung der Kinder mit. Zwischen der Klägerin und der Verstorbenen bestand ein besonders enges, einer Mutter-Tochter-Beziehung entsprechendes Verhältnis.
Im Unfallzeitpunkt war der Beklagte zu 1 damit beschäftigt, mittels der am Traktor befestigten Greifschaufel Pfähle ins Erdreich zu versenken. Die Verstorbene half ihm dabei, indem sie sich im Bereich des jeweils zu versenkenden Pfahls aufhielt und diesen bis zum "Runterdrücken" durch die Greifschaufel festhielt. Der Ehemann der Verstorbenen koordinierte die Arbeiten. Als der Beklagte zu 1 gerade ansetzte, den zweiten Pfahl ins Erdreich zu drücken, löste sich die Greifschaufel des Traktors aus ihrer Verankerung, kippte nach vorne weg und fiel auf die Verstorbene. Sie erlitt eine Zertrümmerung des gesamten Brustkorbs und verstarb an den Folgen ihrer Verletzungen. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft hat den Unfall als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall im Betrieb des Beklagten zu 1 anerkannt.
Rz. 139
Mit ihrer Klage nahm die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Hinterbliebenengeldes in Höhe von mindestens 8.000 EUR nebst Zinsen sowie auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Sie war der Auffassung, der Anspruch auf Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB sei nicht aufgrund der in §§ 104, 105 SGB VII normierten Haftungsbeschränkung ausgeschlossen.
Rz. 140
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG das Urteil abgeändert und die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 141
Das angegriffene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stand der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB zu. Die von den Parteien nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen rechtfertigten insoweit die Annahme der Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses nach §§ 104, 105 SGB VII.
Rz. 142
Die Parteien wandten sich nicht grundsätzlich gegen eine Heranziehung der Regelungen in § 844 Abs. 3 BGB bzw. §§ 104, 105 SGB VII. Rechtsfehler des Berufungsgerichts waren insoweit auch nicht ersichtlich.
Rz. 143
Gemäß § 844 Abs. 3 S. 1 BGB, der durch das Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld v. 17.7.2017 (BGBl I 2017, 2421) Eingang in das Bürgerliche Gesetzbuch gefunden hat, hat der Ersatzpflichtige dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Die Vorschrift findet nach Art. 229 § 43 Nr. 1 EGBGB Anwendung, wenn die zum Tode führende Verletzung nach dem 22.7.2017 eingetreten ist.
Rz. 144
Nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII betrifft dies auch Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen. Als Versicherungsfälle gelten nach §§ 7, 8 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle von Personen, die wie Versicherte tätig werden, sogenannte Wie-Beschäftigte.
Rz. 145
Der Anwendungsbereich der §§ 104, 105 SGB VII war damit grundsätzlich eröffnet. Das Berufungsgericht hatte rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Beklagte zu 1 den tödlichen Arbeitsunfall weder vorsätzlich noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt hat. Zudem hatte die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft den Unfall als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall der verstorbenen "Wie-Beschäftigten...