Ansgar Beckervordersandfort, Andreas Sielker
Rz. 15
Unter Geschwistern, Cousins oder in Senior/Junior-Konstellationen gibt es außergewöhnliche Dream Teams. Aber sie sind nicht die Regel. Es empfiehlt sich, die jeweilige Situation unverklärt zu betrachten, und dort, wo die Zusammenarbeit belastet ist, für Entlastung zu sorgen. Das gilt unabhängig von der Ebene, auf der Kooperation notwendig ist: ob im Gesellschafterkreis, im Zusammenspiel von Gesellschaftern und Geschäftsführung, im Geschäftsführungsteam oder zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern.
Rz. 16
Häufig ist zu beobachten, dass Zuständigkeiten von Familienmitgliedern nicht klar sind. Entweder wurden sie nie besprochen (der Junior, dem kein Aufgabenfeld beim Einstieg ins Unternehmen vorgegeben wurde) oder sie werden permanenten Veränderungen unterworfen, weil es die Umstände offenbar erfordern. Darüber hinaus fühlen sich Familienmitglieder im Unternehmen bisweilen für quasi alles zuständig, was sie z.B. von ihrem Verantwortungsgefühl als Gesellschafter oder als Mitglied der Unternehmerfamilie ableiten. Ähnlich gelagert sind Beispiele, in denen der Senior – wohlmeinend oder mangels Zutrauen oder aus Gewohnheit – direkt auf die Mitarbeiter des Juniors zugreift. In allen diesen Fällen sind die Grenzen der Zuständigkeit unklar oder werden (systematisch) verletzt. Das belastet Kooperation, sorgt für Konflikte und ist eine verbreitete Ursache von Streit und Stillstand.
Rz. 17
Selbst klar geregelte und respektierte Verantwortlichkeiten führen nicht automatisch zu guter Zusammenarbeit. Nicht immer bilden Familienmitglieder ein stimmiges Team. Mitunter fehlt es an Verständnis für einander, Kommunikationsfähigkeit, Rationalität usw. Und es kommt vor, dass Familienmitglieder, die pflichtschuldig Aufgaben übernehmen, die ihren Neigungen nicht entsprechen, diese nicht zu ihrer und anderer Zufriedenheit ausfüllen. Das belastet die Zusammenarbeit.
Rz. 18
Es ist nützlich anzuerkennen, dass Familienunternehmen oder komplexe Vermögen hohe Anforderungen an die Zusammenarbeit von Familienmitgliedern stellen. Diese Herausforderungen zu tabuisieren oder die Probleme zu dramatisieren führt nicht zu einer Atmosphäre, in der konstruktive Lösungen im Sinne des Unternehmens und im Sinne der Familie gefunden werden. Versachlichung, Trennung von Funktion und Person, Verringerung von Komplexität, indem die Funktionen im Unternehmen voneinander abgegrenzt und die Verantwortlichkeiten geklärt werden, ist Teil des Familienstrategieprozesses. Zu berücksichtigen ist dabei, in welchem Maße die Familie kooperationsbereit und -fähig ist. Das entscheidet über die Wahl der jeweils geeigneten Strukturen, Regeln und Entlastungsmechanismen.