1. Tenorierung

 

Rz. 68

Der konkret errechnete Anteil am Mehrbedarf erfordert selbstverständlich keine Dynamisierung. Eine Vereinbarung oder Tenorierung würde beispielsweise lauten:

Zitat

"M zahlt an das Kind K zu Händen der Kindsmutter einen monatlichen Kindesunterhalt, jeweils zahlbar monatlich im Voraus, in Höhe von 105 % des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe jeweils abzüglich hälftiges Kindergeld für ein erstes Kind sowie für Mehrbedarf monatlich 68 EUR."

2. Geltendmachung: Leistungsantrag oder Abänderungsantrag

 

Rz. 69

Mehrbedarf ist ein unselbstständiger Teil des Unterhalts und kann nur zusammen mit diesem geltend gemacht werden. Besteht bereits ein Titel über Regelunterhalt, ist nach verbreiteter Ansicht nur der Weg über den Abänderungsantrag möglich.

In einem Beschluss des BGH vom 10.7.2013 – XII ZB 298/12,[21] in dem eine isolierte Geltendmachung erfolgt ist, wurde dies allerdings nicht beanstandet.

[21] BeckRS 2013, 13362.

3. Sonstige Kinderbetreuungskosten

 

Rz. 70

Bei den sonstigen Betreuungskosten war lange Zeit umstritten, ob sie Mehrbedarf des Kindes sind oder ob sie ein Abzugsposten beim Einkommen des betreuenden Elternteils sind.

 

SüdL

10.3 Kinderbetreuungskosten sind (Anm.: beim Einkommen) abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Im Übrigen gilt Ziffer 12.4.

 

Rz. 71

Der BGH hat den Streit entschieden: Betreuungskosten, die nur wegen der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils anfallen – und nicht aus pädagogischen o.ä. Gründen –, sind kein Mehrbedarf des Kindes.

 

BGH, Beschl. v. 4.10.2017 – XII ZB 55/17

Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist. Dafür entstehende Betreuungskosten können mithin lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden (im Anschluss an Senatsurteile vom 14.3.2007 – XII ZR 158/04, FamRZ 2007, 882 und vom 5.3.2008 – XII ZR 150/05, FamRZ 2008, 1152).

Zur Begründung wird vom BGH u.a. ausgeführt:

Mit der Veranlassung der Fremdbetreuung wird nur die eigene Betreuungspflicht erfüllt.

 

BGH, Beschl. v. 4.10.2017 – XII ZB 55/17

(2) Eine … generelle Qualifizierung der Kosten einer Fremdbetreuung als Mehrbedarf des Kindes widerspräche dem Gesetz.

Denn grundsätzlich obliegt nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB die Barunterhaltspflicht für ein minderjähriges Kind einem Elternteil allein (vgl. insoweit Senatsbeschlüsse vom 15.2.2017 – XII ZB 201/16, FamRZ 2017, 711 Rn 11 ff. und vom 11.1.2017 – XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437 Rn 23 ff.), weil der andere Elternteil im Gegenzug dessen Betreuung übernommen hat.

Dieser gesetzlichen Regelung würde es widersprechen, wenn im Falle einer Fremdbetreuung stets dieser Teil der eigentlich dem betreuenden Elternteil obliegenden Elternverpflichtung generell als Mehrbedarf nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB auf beide Eltern verlagert würde, während der andere Elternteil allein barunterhaltspflichtig bliebe.

Veranlasst der betreuende Elternteil für die Kinder eine Fremdbetreuung, erfüllt er damit regelmäßig lediglich die ihm obliegende Betreuungspflicht und hat deswegen auch die dafür erforderlichen Kosten zu tragen.

So wie beim Barunterhaltspflichtigen der Kindesunterhalt einkommensmindernd bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts berücksichtigt wird, werden umgekehrt beim unterhaltsberechtigten Ehegatten Fremdbetreuungskosten einkommensmindernd berücksichtigt.

 

BGH, Beschl. v. 4.10.2017 – XII ZB 55/17

Dass die Kosten einer Fremdbetreuung bei der Bemessung eines Ehegattenunterhalts einkommensmindernd berücksichtigt werden können, steht dieser Aufteilung der Elternverantwortung nicht entgegen.

Denn wenn im Rahmen der Bemessung des Ehegattenunterhalts bei dem betreuenden Elternteil die Kosten der Fremdbetreuung einkommensmindernd berücksichtigt werden, erfolgt dies im Gegenzug auch bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil hinsichtlich dessen Zahlungen auf den Barunterhalt.

Bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts ist zudem stets zu prüfen, ob und in welchem Umfang der verbleibende Anteil an der Betreuung neben der ausgeübten Erwerbstätigkeit den betreuenden Ehegatten überobligatorisch belastet (vgl. Senatsurteile BGHZ 193, 78 = FamRZ 2012, 1040 Rn 24; vom 17.6.2009 – XII ZR 102/09, FamRZ 2009, 1391 Rn 18, 33 und BGHZ 162, 384 = FamRZ 2005, 1154, 1156).

Auch wenn kein Ehegattenunterhaltsanspruch mehr besteht, sei langfristig eine ausgeglichene Lastenverteilung zwischen den Eltern gegeben:

 

BGH, Beschl. v. 4.10.2017 – XII ZB 55/17

Entfällt der Ehegattenunterhalt, führt dies dazu, dass beide Eltern ihren Teil der Unterhaltsverantwortung allein und ohne Berücksichtigung gegenüber dem anderen Elternteil tragen müssen.

Zwar werden sich die Kosten der Eltern durch Barunterhalt einerseits und Fremdbetreuung andererseits in der Regel nicht entsprechen.

Dabei ist aber zu berücksich...

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