Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 24
Der Vollmachtgeber muss im Zeitpunkt der Abfassung der Vollmacht geschäftsfähig sein. Geschäftsfähigkeit erfordert die Einsichtsfähigkeit sowie die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln (der Vollmachtgeber muss somit die grundsätzliche Bedeutung des Erklärten verstanden haben und bewerten können); sie ist nicht mit einem freien Willen gleichzusetzen. Das Gericht hat gemäß § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären, ob der Vollmachtgeber bei Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig war. Eine Vollmacht gilt so lange als wirksam erteilt, solange nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass der Betroffene zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig war.
Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Erklärenden können vorliegen, wenn er bei Unterzeichnung der Vollmacht seinen Vornamen nicht richtig schreiben konnte. Bei Nichtkorrektur dieses Fehlers führt dies zu einem erheblichen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Erklärenden, welcher dazu führt, dass man vom Grundsatz der Geschäftsfähigkeit nicht mehr ausgehen kann.
Allein aufgrund des Vorliegens der in § 1814 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers kann nicht der Schluss geführt werden, dass hiermit eine Geschäftsunfähigkeit einhergeht. Diese ist gemäß § 104 Nr. 2 BGB nur dann gegeben, wenn eine dauerhafte krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt, die geeignet ist, die freie Willensbestimmung auszuschließen.
In problematischen Fällen wäre im Rahmen der Beratung darüber nachzudenken, ob der Vollmachtgeber auch ein neurologisches/psychiatrisches Attest vorlegt, auf das in der Urkunde Bezug genommen wird, welches die Geschäfts- und Testierfähigkeit bescheinigt.
Rz. 25
Ein späterer Wegfall der Geschäftsfähigkeit ändert nichts an der Wirksamkeit der Vollmacht.
Rz. 26
Das OLG München beschloss im Jahr 2009, dass eine partielle, auf die Vollmachtserteilung beschränkte Geschäftsfähigkeit angenommen werden kann, wenn der Vollmachtgeber bewusst und in freier Willensentschließung eine Vertrauensperson bevollmächtigt, obwohl er im allgemeinen Rechtsverkehr aufgrund leichter kognitiver Defizite – im entschiedenen Fall wegen einer fortschreitenden Demenz – nicht mehr umfassend geschäftsfähig ist. Demnach sind bloße Zweifel an der Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung nicht ausreichend, um eine Betreuung anzuordnen; erst wenn die Vollmacht konkrete Schwierigkeiten des Bevollmächtigten im Rechtsverkehr erwarten lässt, entfällt die Eignung der Vollmacht als Alternative zur Betreuung.
Ähnlich argumentiert das OLG Hamm, wonach der in § 1814 Abs. 3 BGB (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.) normierte Vorrang der Vorsorgevollmacht nicht dadurch überspielt werden darf, dass das Gericht Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht nicht ausschließen kann; in diesem Fall ist den Zweifeln im Wege der Amtsermittlung (§ 26 FamFG) nachzugehen.
Rz. 27
Mangels Formerfordernis nicht notwendig, aber im Hinblick auf zukünftigen Streit um die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers sinnvoll ist das Mitunterzeichnen der Vollmacht durch einen Zeugen bzw. die notarielle Beurkundung oder Beglaubigung.
Rz. 28
Im Hinblick auf eine notarielle Beurkundung ist aber Folgendes zu beachten: Gemäß § 11 BeurkG ist der Notar verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit zu prüfen und bei fehlender Geschäftsfähigkeit die Beurkundung abzulehnen bzw. bei Zweifeln dies in der Niederschrift möglichst ausführlich zu vermerken. Seinen Bedenken muss ein Notar nachgehen. Die Feststellung zur Geschäftsfähigkeit trifft der Notar jedoch nicht als Sachverständiger, sondern lediglich als "Zeuge des Geschehens", und dies steht in einem späteren Streit über die Geschäftsfähigkeit als Beweismittel zur Verfügung. Die rechtliche Schlussfolgerung, die der Notar aus der Wahrnehmung zur Geschäftsfähigkeit zieht, ist nicht Teil der Beweiskraft der öffentlichen Urkunde nach § 418 ZPO. Das Niedergeschriebene ist aber im Prozess bzw. im Erbscheinsverfahren gemäß § 286 ZPO bzw. §§ 26, 30 FamFG zu würdigen. Die niedergeschriebenen Wahrnehmungen des Notars nehmen zwar an der Beweiskraft teil, nicht jedoch seine rechtlichen Schlussfolgerungen, wobei Letztere aber eine wichtige indizielle Bedeutung haben. Diese Beurteilung obliegt folglich vielmehr dem entscheidenden Gericht. Dabei ist die Feststellung des Notars nur ein Indiz und reicht für sich allein nicht aus, um aufgrund konkreter Umstände begründete Zweifel zu entkräften. Auch das Grundbuchamt ist nicht an die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit durch den Notar gebunden. Im Zweifel kann hier nach § 18 GBO im Wege einer Zwischenverfügung die Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens verlangt werden.
Rz. 29
Bei einer Unterschriftsbeglaubigung hat der Notar gemäß § 40 Abs. 2 BeurkG nur zu prüfen, ob Gründe zur Versagung seiner Amtstätigkeit vorliegen. Nur wenn er dabei von der mangelnden Geschäftsfähigkeit überzeugt ist, hat er die Beglaubigung zu versagen. Bei Zweifeln muss ...