Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 332
Bei der Frage der Haftung eines Bevollmächtigten muss zwischen der Haftung gegenüber dem Vollmachtgeber und gegenüber einem Dritten unterschieden werden. Gegenüber dem Vollmachtgeber haftet der Bevollmächtigte nach Maßgabe des der Vollmacht zugrunde liegenden Vertrages. Vgl. dazu Rdn 256 ff.
Ist der Bevollmächtigte –was bei Vorsorgevollmachten regelmäßig der Fall sein dürfte – unentgeltlich tätig geworden, ist zwischen Auftrag und Gefälligkeitsverhältnis zu unterscheiden. Da nach der überwiegenden Auffassung angesichts der Bedeutung der Vermögensverwaltung für beide Seiten und erkennbar wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen oder der Leistende ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat, wird bei umfassenden Vorsorgevollmachten in der Regel ein Auftragsverhältnis angenommen. Dann sind – mangels abweichender Abreden – die §§ 662 ff. BGB anzuwenden.
Der Bevollmächtigte haftet dem Vollmachtgeber daher für Schlecht- oder Nichtausführung und bei der Verletzung weiterer Pflichten für Vorsatz und Fahrlässigkeit gemäß §§ 276, 280 BGB. Weiter sieht sich der Bevollmächtigte Herausgabeansprüchen gemäß § 667 BGB sowie Schadensersatzansprüchen gemäß §§ 823 ff. BGB und Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen gemäß § 666 BGB ausgesetzt, sofern diese nicht abbedungen oder modifiziert wurden.
Rz. 333
Die Haftungsgefahr, die sich hinter der Erteilung einer Vorsorgevollmacht verbergen kann, darf nicht unterschätzt werden. Der Bevollmächtigte trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für die auftragsgemäße Verwendung des Geldes des Vollmachtgebers und ist gegenüber den Erben gemäß § 280 BGB verpflichtet, diejenigen Geldbeträge zu ersetzen, die nicht durch Weisung des Vollmachtgebers gedeckt waren bzw. für die er nicht hinreichend beweisen konnte, dass der Erblasser zu Lebzeiten die Kontobewegungen hinreichend zur Kenntnis genommen hat. Die Beweislastverteilung soll nicht gelten, wenn das Auskunfts- und Rechenschaftsbegehren treuwidrig erscheine. Nach der Rechtsprechung könne Treuwidrigkeit insbesondere im engen familiären Bereich aufgrund eines bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses bestehen.
Rz. 334
Das OLG Brandenburg milderte die Darlegungs- und Beweislast des Bevollmächtigten insoweit ab, als es den Beweis von Anknüpfungstatsachen oder Indizien, die eine Schätzung der für die Vollmachtgeberin verbrauchten Mittel ermöglichten, als ausreichend erachtete. Diesen Beweis konnte der Bevollmächtigte nur für einen Teil der abgehobenen Beträge erbringen; für den Restbetrag haftete er gegenüber den Eben der Vollmachtgeberin.
Praxistipp
Angesichts dieser weitreichenden Haftung des Bevollmächtigten ist bei Errichtung der Vorsorgevollmacht zu bedenken, ob eine Haftung gegenüber dem Vollmachtgeber vertraglich auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu beschränken ist. Auch sollte überlegt werden, ob nicht die umfangreichen Rechnungslegungspflichten und Herausgabepflichten von Quittungen und Belegen ganz oder teilweise abbedungen werden sollen (vgl. Muster zum Grundverhältnis Rdn 254). Nachweisschwierigkeiten – die zu Lasten des Bevollmächtigten gehen würden – könnten so vermieden werden.
Rz. 335
Gegenüber Dritten haftet nach § 278 BGB der Vollmachtgeber, wenn der Bevollmächtigte bei rechtsgeschäftlichem Handeln im Rahmen seiner Tätigkeit einem Dritten schuldhaft, d.h. fahrlässig oder vorsätzlich, einen Schaden zugefügt hat. Im Innenverhältnis ist allerdings der Bevollmächtigte nach den oben genannten Grundsätzen dem Vollmachtgeber für den Schaden verantwortlich. Der Bevollmächtigte haftet dem Dritten selbst für eigenes Verschulden.
Rz. 336
Dagegen haftet der Bevollmächtigte grundsätzlich nicht für Schäden, die der Vollmachtgeber Dritten zufügt. Eine Haftung des Bevollmächtigten für solche Schäden kann nur dann angenommen werden, wenn der Vertreter die Aufsicht über den Vollmachtgeber vertraglich ausdrücklich übernommen hat und die Schädigung des Dritten auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht zurückzuführen ist (vgl. § 832 Abs. 2 BGB).