Rz. 21
Übertragen Ehegatten alleine oder gemeinsam Immobilienvermögen unter Vorbehaltsnießbrauch, stellen sich neben einkommensteuerlichen (siehe Rdn 101 ff.>) auch schenkungsteuerliche Fragen:
Wird eine im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Veräußerers auf ein Kind übertragen und zugleich dem anderen Ehegatten aufschiebend bedingt auf den Wegfall des Nießbrauchs (insbesondere im Falle des Vorversterbens den übertragenen Ehegatten) ein Nießbrauch gleichen Inhalts eingeräumt, liegt bei Bedingungseintritt ein sog. Zuwendungsnießbrauch vor. Dieser stellt beim (Neu-)Nießbraucher einen schenkungsteuerpflichtigen Erwerb (keine Zuwendung durch Verfügung von Todes wegen) dar, dessen Wert sich nach dem zum Stichtag einschlägigen Parametern (siehe Rdn 7 ff.>) richtet. Eine Privilegierung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a oder 4b ErbStG greift beim Nießbrauch nicht (siehe § 6 Rdn 49>). Parallel mit der Besteuerung des Erwerbs des aufschiebend bedingten Nießbrauchsrechts beim Längerlebenden findet eine Korrektur der ursprünglichen Besteuerung des nießbrauchsbelasteten Erwerbs statt, für die es eines Antrags innerhalb eines Jahres nach Eintritt des die Bedingung auslösenden Ereignisses bedarf, § 5 Abs. 2 BewG (siehe Rdn 35>).
Rz. 22
Ein Sukzessivnießbrauch unterliegt grundsätzlich der beschränkten Schenkungsteuerpflicht, § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 Nr. 9 BewG.
Rz. 23
Wird eine im Alleineigentum eines Ehegatten stehende fremdvermietete Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Veräußerers und seines Ehegatten als Gesamtberechtigte i.S.d. § 428 BGB übertragen, stellt die Einräumung des Nießbrauchs zugunsten des anderen Ehegatten sogleich eine steuerpflichtige Schenkung dar, jedenfalls wenn Letzterer über eingehende Erträge frei verfügen kann. Der Wert der Bereicherung richtet sich nach dem zum Stichtag der Übertragung einschlägigen Parametern (siehe Rdn 7 ff.>) betreffend den hälftigen Nießbrauch.
Rz. 24
Sind die Ehegatten hälftige Miteigentümer und behalten sie sich den Nießbrauch als Gesamtberechtigte i.S.d. § 428 BGB vor, findet keine Schenkung im Verhältnis der Ehegatten statt, außer es wurde eine von § 430 BGB abweichende Mitberechtigungsquote getroffen. Fällt der erste Mitberechtigte weg und wächst dem anderen Ehegatten dessen Nutzungsrecht zu, ist wie folgt zu differenzieren: Verzichtet der Mitberechtigte, liegt eine steuerpflichtige Schenkung betreffend den hälftigen Nießbrauchswert zum Stichtag des Verzichts an den anderen Ehegatten vor. Verstirbt der erste Ehegatte, liegt ein schenkungsteuerpflichtiger Erwerb des überlebenden (alleinberechtigten) Ehegatten nur dann vor, wenn die "Mortalitätsprognose" bei Vereinbarung des Nießbrauchsvorbehalts im Lichte der statistischen Lebenserwartung eindeutig zu Lasten des erstverstorbenen Ehegatten ausgeschlagen hat. Andernfalls schließt die Risikoäquivalenz bzw. damit einhergehende Entgeltlichkeit eine Schenkung aus. Eine Privilegierung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a oder 4b ErbStG greift im Falle einer Steuerbarkeit beim Nießbrauch nicht (siehe § 6 Rdn 49>).