A. Einleitung
I. Begrifflichkeiten und Motivation
Rz. 1
Die Übergabe unter Lebenden löste im Jahre 1995 durch das am 1.1.1996 in Kraft getretene neue Schenkung- und Erbschaftsteuerrecht eine wahre Welle von Vermögensübergaben unter Lebenden aus. Durch die Abschaffung des Einheitswerts als steuerlicher Bemessungsgrundlage für die Schenkung und Vererbung von Grundvermögen drohte die Steuerlast insbesondere bei künftigen Erbfällen exorbitant zu steigen. In diesem Zusammenhang erlebte der Übergabevertrag als Instrumentarium der vorweggenommenen Erbfolge eine ungeahnte Renaissance.
Rz. 2
Das BVerfG hat mit Beschl. v. 7.11.2006 entschieden, dass die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, da diese Erhebung an Werte anknüpfe, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) den Anforderungen des Gleichheitssatzes nicht genüge. Der Gesetzgeber sei daher verpflichtet, spätestens bis zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu treffen.
Der Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung nachgekommen. Bewertungsmaßstab für das Grundvermögen ist danach der gemeine Wert. Es wird unterschieden zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken. Der Wert unbebauter Grundstücke ist wie nach bisher geltendem Recht nach der Fläche und den jeweils aktuellen Bodenrichtwerten zu ermitteln. Diese werden von den Gutachterausschüssen ermittelt. Ein pauschaler 20 %iger Abschlag wird nicht mehr vorgenommen. Jedoch sind Abweichungen, insbesondere abweichende Geschossflächenzahl, Übergröße/Grundstückstiefe, abweichender Erschließungszustand, durch Zu- oder Abschläge zu erfassen. Bebaute Grundstücke sind gemäß Bewertungsgesetz solche, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden. Es wird bei den bebauten Grundstücken gem. § 181 Abs. 1 BewG zwischen verschiedenen Grundstücksarten unterschieden (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungs- und Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke sowie sonstige bebaute Grundstücke). Die Bewertung bebauter Grundstücke erfolgt nach dem Vergleichswertverfahren, dem Ertragswertverfahren oder dem Sachwertverfahren. Die Wertermittlungsverfahren werden in Anlehnung an die Wertermittlungsverordnung durch Rechtsverordnung geregelt. Handelt es sich um Grundstücke, die mit weitgehend gleichartigen Gebäuden bebaut sind und bei denen sich der Grundstücksmarkt an Vergleichswerten orientiert, wird der gemeine Wert im Wege des Vergleichswertverfahrens ermittelt. Die Wertbestimmung erfolgt dann aus tatsächlich realisierten Kaufpreisen von anderen Grundstücken, die nach Nutzung und Lage sowie sonstiger Beschaffenheit mit dem Grundstück übereinstimmen, welches zu bewerten ist. Das vorgenannte Verfahren ist daher regelmäßig bei Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäusern anzuwenden.
Bei bebauten Grundstücken, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag für die Werteinschätzung am Grundstücksmarkt im Vordergrund steht, kommt das Ertragswertverfahren in Betracht. Das Ertragswertverfahren findet daher regelmäßig bei Mietwohngrundstücken, des Weiteren bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken Anwendung, für die eine übliche Miete ermittelt werden kann.
Kommt es für die Werteinschätzung in erster Linie nicht auf den Ertrag an, sondern sind hingegen die Herstellungskosten wertbestimmend, findet das Sachwertverfahren Anwendung. Das Sachwertverfahren ist somit für Wohnungs- und Teileigentum bzw. Ein- und Zweifamilienhäuser, bei denen ein Vergleichswert nicht vorliegt, sowie auf Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke anzuwenden, für die sich eine übliche Miete nicht ermitteln lässt. Des Weiteren ist das Sachwertverfahren auf sonstige bebaute Grundstücke anzuwenden. Der Wert bebauter Grundstücke setzt sich beim Sachwertverfahren zusammen aus dem Bodenwert (dies ist der Bodenrichtwert – der gemäß § 196 Abs. 1 S. 5 BauGB alle zwei Jahre neu festgelegt wird – multipliziert mit der Grundstücksfläche) und dem Gebäudeertragswert. Der Gebäudeertragswert sind die Regelherstellungskosten, Teil 2 der Anlage 24 zum BewG, multipliziert mit der Brutto-Grundfläche, abzüglich Alterswertminderung – abhängig von der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, Anlage 22 zum BewG. Dies ergibt den vorläufigen Sachwert. Der vorläufige Sachwert multipliziert mit der Wertzahl ergibt den Grundbesitzwert. Die Wertzahlen werden entweder vom Gutachterausschuss ermittelt oder sind der Anlage 25 zum BewG zu entnehmen.
Daneben gibt es im Rahmen der Berechnung der Schenkung-/Erbschaftsteuer einen Abschlag in Höhe von 10 % für Grundstücke und Grundstücksteile, die zu Wohnzwecken vermietet sind.
Die vorstehenden Regelungen führen demgemäß dazu, dass das Immobilienvermögen nunmehr deutlich höher bewertet wird. Je wertvoller der Immobilienbestand ist, desto weniger wird sich die Erhöhung der Freibet...