A. Allgemeines
Rz. 1
Personen, die bestimmte Behinderungen haben, können ihre verfahrensmäßigen Rechte nicht immer selbst gut wahrnehmen. Deshalb enthält das Beurkundungsgesetz in den §§ 22 ff. BeurkG Regelungen, die die Grundvorschriften zum Vorlesen, Genehmigen und Unterschreiben (§ 13 BeurkG) ergänzen.
Soweit ein Beteiligter nach seiner Angabe und nach der Überzeugung des Notars nur unzureichend
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hören, |
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sehen oder |
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sprechen |
kann, soll zur Beurkundung ein Zeuge oder ein zweiter Notar hinzugezogen werden (§ 22 Abs. 1 S. 1 BeurkG).
Meistens jedoch können alle Beteiligten auf die Hinzuziehung eines Zeugen oder zweiten Notars verzichten (§ 22 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Geschieht dies, soll der Notar die Tatsache des Verzichts in seiner Niederschrift festhalten (§ 22 Abs. 1 S. 3 BeurkG). Verlangt ein hör- oder sprachbehinderter Beteiligter einen Gebärdensprachdolmetscher, ist ein solcher hinzuzuziehen und diese Tatsache ist in der Niederschrift zu dokumentieren.
Ist ein Zeuge oder ein zweiter Notar oder auch ein Gebärdensprachdolmetscher hinzugezogen, soll die hinzugezogene Person die Niederschrift auch unterschreiben.
Unterbleibt die Unterschrift des Zeugen, zweiten Notars oder Gebärdensprachdolmetschers versehentlich, ist dadurch die Urkunde nicht unwirksam. Wenn die Unterschrift des Zeugen (oder des zweiten Notars) nachgeholt wird (dies ist nicht zwingend), sollte das Datum der nachträglichen Unterzeichnung neben die Unterschrift gesetzt werden, damit nicht der unrichtige Eindruck entsteht, die Urkunde wäre am Tage ihrer Beurkundung vom Dolmetscher (oder zweiten Notar) bereits mitunterzeichnet worden. Die Unterschrift des Gebärdendolmetschers wird empfohlen, ist jedoch nicht erforderlich.
B. Taubheit/Blindheit/Stummheit
Rz. 2
Ist ein Beteiligter nach seiner Angabe oder nach Überzeugung des Notars taub, blind oder stumm, soll der Notar einen Zeugen oder zweiten Notar hinzuziehen. Die Überzeugung des Notars über die vorliegende Behinderung ist im Wege der freien Beweiswürdigung zu bilden. Eine falsche Angabe des Beteiligten oder ein Irrtum des Notars bei der Beurkundung sind unschädlich. Zu beachten ist, dass die Beteiligten auf die Hinzuziehung eines Zeugen oder zweiten Notars verzichten können. Geschieht dieses, soll der Verzicht in der Niederschrift festgehalten werden.
Ein hinzugezogener Zeuge oder ein zugezogener zweiter Notar muss beim gesamten Beurkundungsakt anwesend sein.
Rz. 3
Der Verzicht auf die Mitwirkung eines Zeugen oder zweiten Notars bei Blindheit kann wie folgt formuliert werden:
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Muster 10.1: Verzicht auf Mitwirkung eines blinden Zeugen
Der Beteiligte gab an, nicht hinreichend sehen und Geschriebenes daher nicht lesen zu können. Die Angabe des Beteiligten deckt sich mit meiner, des Notars, Überzeugung. Nach meinem Hinweis über die Möglichkeit, einen Zeugen oder einen zweiten Notar zur Beurkundung hinzuzuziehen, erklärte der Beteiligte jedoch: Ich verzichte auf die Zuziehung eines Zeugen und/oder zweiten Notars.
Rz. 4
Wenn ein Beteiligter nicht richtig hören kann oder gar taub ist, muss diesem Beteiligten der Text anstelle des Vorlesens zur Durchsicht vorgelegt werden. Dies soll in der Niederschrift festgehalten werden.
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Muster 10.2: Verzicht auf Mitwirkung eines tauben Zeugen
Der Erschienene gab an, nicht hinreichend hören zu können (alternativ: Der Erschienene gab an, taub zu sein) und auch nach meiner, des Notars, Überzeugung kann der Erschienene nicht hinreichend hören.
Nach notariellem Hinweis darauf, einen Zeugen oder zweiten Notar hinzuziehen zu können, verzichtete der Erschienene dennoch hierauf.
Der Erschienene wünschte auch nicht die Hinzuziehung eines Gebärdensprachdolmetschers.
Rz. 5
Die Schlussformel kann wie folgt formuliert werden:
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Muster 10.3: Schlussformel (bei Taubheit)
Diese Niederschrift wurde dem Erschienenen zur Durchsicht vorgelegt, von ihm durchgelesen, genehmigt und eigenhändig unterschrieben und sodann auch von mir, dem Notar, eigenhändig unterschrieben und besiegelt.
Rz. 6
Hat der Beteiligte die Niederschrift eigenhändig unterschrieben, wird vermutet, dass sie ihm auch zur Durchsicht vorgelegt wurde und sie von ihm genehmigt worden ist. Der Notar hat diese Pflicht zu erfüllen, auch wenn der Beteiligte es nicht verlangt.
C. Schreibunfähigkeit
Rz. 7
Falls ein Beteiligter nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Notars seinen Namen nicht schreiben kann, muss zur Vorlesung und der Genehmigung ein Zeuge oder zweiter Notar zugezogen werden.
Rz. 8
Wird bei einer Online-Beurkundung die Unterschrift durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt, dann besteht Schreibunfähigkeit, wenn ein Beteiligter nicht fähig ist, seine qualifizierte elektronische Signatur zu erstellen.
Rz. 9
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