Rz. 238
Die Maßnahmen, die der Verwalter gem. § 27 Abs. 1 WEG ohne (besonderen) Beschluss durchführen darf, müssen kumulativ beide in der Bestimmung genannten Kriterien erfüllen: sie müssen untergeordnete Bedeutung haben und dürfen nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Worin allerdings der sachliche Unterschied bestehen soll, ist die Frage; beides wird stets zusammenfallen. Jedenfalls hat eine Maßnahme, die zu erheblichen Verpflichtungen führt, schon deshalb keine untergeordnete Bedeutung; umgekehrt kann man sich keine Maßnahme untergeordneter Bedeutung vorstellen, die zu erheblichen Verpflichtungen führt. Beispiele aus der Gesetzesbegründung sind der Austausch defekter Leuchtelemente, die Instandsetzung eines Fensterglases oder die Graffitientfernung, ferner – je nach Größe der Anlage – auch der Abschluss von Versorgungs- oder Dienstleistungsverträgen und die (gerichtliche) Durchsetzung von Hausgeldforderungen. Verträge, deren Gegenstand die Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen ist (insbesondere Wartungsverträge), können, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft regelmäßig Verbraucher ist (→ § 1 Rdn 26), gem. § 309 Nr. 9a BGB eine Laufzeit von zwei Jahren nicht überschreiten; in diesen Fällen ist mit dem Vertragsabschluss keine erhebliche Verpflichtung verbunden, sodass eine Abschlussbefugnis des Verwalters gem. § 27 Abs. 1 besteht. Der Verwalter kann also beispielsweise ein Hausmeisterunternehmen seiner Wahl beauftragen. Für den Abschluss von Versorgungsverträgen (z.B. die Lieferung von Strom, Gas oder Wasser) wird im Normalfall das Gleiche gelten. Zwar unterliegen solche Versorgungsverträge aufgrund der Bereichsausnahme in § 310 Abs. 2 BGB nicht der gesetzlichen Beschränkung auf eine Laufzeit von zwei Jahren; üblicherweise haben sie aber sowieso keine feste lange Laufzeit, sondern sind regelmäßig kündbar. Anders verhält es sich mit Verträgen über Fernwärme oder Wärmecontracting. Auch diese fallen unter die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 2 BGB, weshalb eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren möglich, hier aber auch üblich ist. Für Verträge mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren besteht keine Abschlussbefugnis gem. Abs. 1.
Rz. 239
Wenn der Verwalter Maßnahmen unter Überschreitung seiner gesetzlichen Befugnisse nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG vornimmt (ohne dass ein legitimierender Beschluss der Gemeinschaft vorliegt), bleibt seine Vertretungsmacht (§ 9b Abs. 1 WEG) unberührt. Eine schuldhafte Kompetenzüberschreitung verpflichtet den Verwalter zwar gem. § 280 BGB prinzipiell zum Schadensersatz; fraglich ist nur, welcher Schaden der Gemeinschaft daraus erwächst. Hat der Verwalter beispielsweise ohne Beschluss eine größere Baumaßnahme beauftragt und aus dem Gemeinschaftsvermögen bezahlt, hat die Gemeinschaft einerseits einen Schaden in Gestalt des Geldabflusses, andererseits einen Vermögenszuwachs in Gestalt der Erlangung der geldwerten Baumaßnahme. Ob sich der Nachteil und der (aufgedrängte) Vorteil aufheben, ist strittig. Diese Frage spielt auch dann eine Rolle, wenn die Gemeinschaft vom Verwalter die Erstattung der unbefugten Geldausgabe gem. §§ 675, 667 BGB verlangt (dazu → § 10 Rdn 285).