Rz. 159
Gem. § 26 Abs. 3 S. 2 WEG endet ein Vertrag mit dem Verwalter spätestens sechs Monate nach der Abberufung voraussetzungslos; einer Kündigung bedarf es nicht. Die Regelung gilt mit Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 und somit auch für die zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Verwalterverträge; die damit verbundene ("unechte") Rückwirkung ist hinzunehmen. Die Vorstellung, der Vertrag könne nach dem Amtsende einfach weiterlaufen, ist verfehlt. Zum einen will die Gemeinschaft selbstredend keine weitere Leistung mehr, denn sonst hätte sie den Verwalter nicht abberufen. Zum anderen kann der Verwalter seine vertraglich vorgesehenen Verwalterpflichten mangels Organstellung nicht mehr erfüllen; die Leistung ist ihm unmöglich (→ § 10 Rdn 18, → § 10 Rdn 67). Dogmatisch-konstruktiv ergibt sich der Fortbestand des Vergütungsanspruchs aus § 326 Abs. 2 S. 1 BGB, da dem Verwalter die Vertragserfüllung infolge der Abberufung unmöglich gemacht wurde und ihm diese Norm den Anspruch auf die Gegenleistung erhält (sofern kein wichtiger Grund vorlag). Die eigentliche gesetzgeberische Entscheidung besteht also darin, dass § 26 Abs. 3 S. 2 WEG den Anspruch zeitlich begrenzt. Das Gesetz ist also so zu verstehen, dass der Verwalter noch sechs Monate lang die vereinbarte Vergütung verlangen kann, sofern der Vertrag nicht schon vorher (entsprechend vereinbarten kürzeren Laufzeit oder durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grund) endet.
Rz. 160
Wenn eine Gemeinschaft den Verwalter nicht mit sofortiger Wirkung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt abberuft (bspw. im obigen Muster → § 10 Rdn 155 zum 30.6.2022), ist streitig, wann der Zeitraum von sechs Monaten, für den der Vertrag weiter besteht bzw. die Vergütung weiter zu bezahlen ist, beginnt: mit dem Zugang der Abberufungserklärung beim Verwalter oder mit dem (hinausgeschobenen) Ende der Verwalterstellung (im Beispiel: 30.6.2022)? Wäre letzteres richtig, könnte eine Gemeinschaft die Abberufung mit Wirkung auf einen Zeitpunkt nach 6 Monaten erklären und müsste nach dem Amtsende des Verwalters keine weitere Vergütung mehr bezahlen. Nach anderer, überzeugender Auffassung beginnt der 6-Monats-Zeitraum erst mit dem Ende der Bestellungszeit, denn das "Geschenk" der Vergütung ohne Arbeit stellt eine Kompensation des Verwalters für den Nachteil der jederzeitigen Abberufbarkeit dar.
Rz. 161
Der (ohne wichtigen Grund) abberufene Verwalter kann die vertraglich vereinbarte Vergütung nicht in voller Höhe verlangen. Das ergibt sich (wiederum als Folge der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung) aus § 326 Abs. 2 S. 2 BGB: "Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt." Nach h.M. ist § 615 S. 2 BGB, eine Regelung des Dienstvertragsrechts, einschlägig, die im Ergebnis dieselbe Rechtsfolge ausspricht ("… muss er sich aber anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart hat"). Im Gegensatz zu § 326 Abs. 1 S. 2 BGB setzt die Anwendung des § 615 S. 2 BGB allerdings einen Annahmeverzug aufseiten der Gemeinschaft voraus; ein solcher erfordert gem. §§ 295 f. BGB eigentlich ein Leistungsangebot des abberufenen Verwalters. Ein solches Leistungsangebot wäre in der Situation der Kündigung bzw. Abberufung aber eine evident überflüssige Förmelei, denn durch die Abberufung hat die Gemeinschaft zum Ausdruck gebracht, keine Leistungen des abberufenen Verwalters mehr zu wollen; das Anbieten ist deshalb den Umständen nach entbehrlich.
Rz. 162
Die Anrechnung dessen, was der Verwalter "durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt", spielt praktisch keine Rolle. Eine wesentliche Rolle spielt demgegenüber die Frage, wie hoch die Ersparnis des Verwalters infolge der Nichterbringung seiner Leistungen ausgefallen ist; und diese Frage wird zwischen den Parteien erfahrungsgemäß streitig sein. Das Gericht kann zur Ermittlung ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten beauftragen, muss dies aber nicht unbedingt. Gemäß § 287 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht über die Schadenshöhe "unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen." Das gilt gem. § 287 Abs. 2 ZPO entsprechend "auch in anderen Fällen, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen." Diese Voraussetzungen liegen bei der Frage, wie hoch die Vergütungsforderung des Verwalters unter Abzug ersparter Aufwendungen ist, vor, sodass es im Ermessen des Gerichts steht, ob es eine sachverständige Begutachtung in Auftrag gibt od...