Rz. 108
Für die Inhaltskontrolle eines von einer WEG beschlossenen Verwaltervertrags stehen im Ausgangspunkt zwei Rechtsschutzsysteme zur Verfügung: Das für alle Verträge geltende AGB-Recht einerseits und das WEG-Beschlussmängelrecht andererseits. Wie verhalten sich diese beiden Rechtsschutzsysteme zueinander: Ergänzen sie sich oder schließen sie einander aus? Für einen Vorrang der Anfechtungsklage als des spezifisch WEG-internen Rechtsschutzsystems spräche, dass es denselben Schutzumfang wie das AGB-Recht entfaltet, aber in seiner Wirkung spezieller ist. Der BGH hat aber gegenteilig entschieden: Das AGB-Recht findet (grundsätzlich) Anwendung, es entfällt hingegen die Beschlussmängelkontrolle. Die Beschlussmängelkontrolle sei nicht erforderlich, weil und soweit AGB-widrige Klauseln bereits gem. § 307 BGB wegfielen. Der Beschluss eines Verwaltervertrags kann nach der vom BGH geprägten Rechtslage mittels einer Anfechtungsklage also fast nicht mehr angegriffen werden.
Rz. 109
Die neue Linie des BGH bringt indes das Problem mit sich, dass der Ausschluss der Beschlussanfechtung nicht absolut ist, sondern dass es Ausnahmen geben kann. Die Beschlussmängelkontrolle entfällt nur, soweit die AGB-Kontrolle greift. Eine AGB-Kontrolle kann aus verschiedenen Gründen ausscheiden, beispielsweise soweit es um die Preisvereinbarung (Vergütung) geht, die keiner AGB-Inhaltskontrolle unterliegt. Insofern konsequent hat der BGH entschieden, im Beschlussanfechtungsverfahren sei "(nur) zu überprüfen, ob die Festlegung und Ausgestaltung der Vergütung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht". Die AGB-Kontrolle scheidet auch aus, wenn eine Klausel individuell ausgehandelt wurde (was in der Praxis nicht vorkommen wird) oder – zumindest teilweise – wenn es sich um eine reine Teileigentümergemeinschaft handelt, die nicht das Schutzniveau von Verbrauchern geltend machen kann. Greift die AGB-Kontrolle nicht, können Klauseln in (Verwalter-)Verträgen weiterhin per Beschlussanfechtung überprüft werden. Prüft man rechtliche Schritte gegen den Beschluss eines Verwaltervertrags mit nachteiligen Klauseln, muss man im ersten Schritt also eine hypothetische Nichtigkeitsfeststellungsklage durchspielen. Kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Klausel gem. § 307 BGB nichtig ist, scheidet eine Beschlussanfechtung insoweit aus. Voraussichtlich wird es nur noch selten zu einer Beschlussanfechtung wegen inhaltlicher Mängel eines Verwaltervertrags kommen. Damit entfällt eine Vielzahl von teilweise schwierigen Rechtsproblemen, die insbesondere um die Möglichkeit und Folgen einer Teilanfechtung kreisten. Angesichts der nur noch geringen Praxisrelevanz dieser Probleme wird von ihrer Darstellung hier abgesehen. Wird ein Beschluss über den Abschluss des Verwaltervertrags einmal erfolgreich angefochten und gerichtlich für ungültig erklärt (wozu es angesichts des beschränkten Prüfungsprogramms aber allenfalls noch beim Vorliegen von Formfehlern der Beschlussfassung kommen kann), entfällt die zum Vertragsabschluss führende Willenserklärung des Verbands und damit der Verwaltervertrag, dies aber nicht mit Rückwirkung (ex tunc), sondern nur mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc); es gilt das zur Bestellung ausgeführte (→ § 10 Rdn 76).