Rz. 6

Ich kann mich nicht daran erinnern, zu Beginn meiner Berufstätigkeit, also vor mehr als 30 Jahren, Mandanten wegen ausstehender Rechnungen gerichtlich verfolgt zu haben.

Heute fordere ich selbstverständlich Vorschüsse, tituliere Vergütungsansprüche und verfolge diese im Rahmen der Zwangsvollstreckung weiter, es ist nichts Besonderes mehr. Auch die Ausreden, die Auftraggeber vorbringen, warum eine Rechnung nicht gezahlt wird, überraschen mich mehr. Das letzte Mal geschmunzelt habe ich, als ein Auftraggeber den Einwand erhob, in seinem Briefkasten würden Vögel nisten, deshalb hätte er die Rechnung nicht zahlen können. Als dann aber tatsächlich innerhalb von wenigen Tagen der Ausgleich der Rechnung erfolgte (nach dem diese natürlich noch einmal an den Auftraggeber versandt wurde), da war ich fast bereit, dem Auftraggeber zu glauben.

 

Rz. 7

 

Praxistipp:

Die richtige Mahnung ist schwierig. Auf der einen Seite möchten Sie den Auftraggeber halten und Folgemandate von diesem erhalten (natürlich nur, wenn er auch zahlt). Auf der anderen Seite möchten Sie auf bestehende Vergütungsansprüche nicht verzichten. Vor einer ersten schriftlichen Mahnung können Sie telefonisch mit dem Auftraggeber Kontakt aufnehmen. Sicher, das ist nicht immer leicht. Aber, bei jedem dieser Anrufe, denke ich an folgende Regel: Ich telefoniere, wegen eines berechtigten Anspruchs. Ich möchte nichts von dem Auftraggeber, was nicht auch dem RA zusteht. Bleiben Sie freundlich und stellen Sie den Sachverhalt so dar, als ob es sich ganz offensichtlich nur um ein Versehen handeln kann. Eröffnen Sie dem Auftraggeber eine Brücke, etwa indem Sie etwa fragen:

"Sagen Sie (Name Auftraggeber), haben Sie etwa unsere Rechnung vom … in Höhe von … EUR nicht erhalten? Ich kann hier noch gar keinen Zahlungsausgleich feststellen und bin sicher, dass dann irgendwo ein Fehler unterlaufen ist."

Häufig wird sich herausstellen, dass "tatsächlich" zufälligerweise die Rechnung beim Auftraggeber nicht eingegangen ist (ob Sie daran glauben oder nicht, spielt keine Rolle. Aber der Auftraggeber hat einen Zahlungsaufschub erhalten). Sie werden dann das Gespräch fortführen und dem Auftraggeber die Rechnung nochmals übermitteln. Denken Sie daran, das Gespräch wie folgt zu schließen:

"Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich informieren könnten, wenn die Zweitausfertigung der Rechnung bei Ihnen eingeht, damit ich Gewissheit habe. Ich mache gleich eine entsprechende Notiz zur Akte, dass ich die Rechnung nochmals postalisch an Sie übermittelt habe."

Der Auftraggeber kann auch antworten, dass er Bedenken im Hinblick auf den Rechnungsausgleich hat, dann können Sie auch diese ggf. gleich telefonisch ausräumen. Möglichkeiten gibt es viele. Die persönliche Ansprache schadet nie.

Will der Auftraggeber allerdings über die Höhe des Vergütungsanspruchs mit Ihnen in Verhandlungen treten, so verhandeln Sie bitte nie über den Vergütungsanspruch (Rabatte, Abschläge etc.) ohne die Absicherung, dass Sie dies im Einverständnis mit dem RA tun.

 

Rz. 8

Hilft auch die "telefonische Mahnung" nicht weiter, sollten Sie den Auftraggeber schriftlich deutlich energischer an den ausstehenden Rechnungsausgleich erinnern. Wenn es zulässig ist, Vergütungsfestsetzung zu beantragen, dann mahnen Sie und beantragen gleichzeitig Vergütungsfestsetzung.

 

Rz. 9

Muster 10.1: Mahnung wegen des Vergütungsanspruchs des RA

 

Muster 10.1: Mahnung wegen des Vergütungsanspruchs des RA

Anrede,

bedauerlicherweise konnten wir den Ausgleich unserer Rechnung vom _________________________ in Höhe von _________________________ bis zum heutigen Tage nicht feststellen. Dies obwohl wir zunächst telefonisch um Rechnungsausgleich gebeten haben.

Aus diesem Grunde müssen wir Sie zu unserem Bedauern auffordern, den Vergütungsanspruch in voller Höhe bis zum _________________________ hier eingehend erfüllt zu haben.

Da Sie sich in Verzug befinden, haben Sie auch die Zinsen, die bereits entstanden sind, zu tragen. Auf die Geltendmachung des Zinsanspruchs verzichten wir, wenn der Zahlungsausgleich nunmehr innerhalb der gesetzten Nachfrist gezahlt wird.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu Sicherung unseres Vergütungsanspruchs mit gleicher Post das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG eingeleitet haben. Erfolgt ein rechtzeitiger Zahlungsausgleich werden wir keine Kosten aus diesem Verfahren gegen Sie fordern und dem Gericht die Erledigung mitteilen.

Sollten wir erneut keinen Zahlungsausgleich feststellen können, werden wir das gerichtliche Verfahren fortführen.

Sollten Sie den Ausgleich der Vergütungsforderung bereits veranlasst haben und sich Ihre Anweisung mit unserer Zahlungsaufforderung gekreuzt haben, so betrachten Sie unser Schreiben bitte als gegenstandslos.

Nur am Rande teilen wir mit, dass wir wirklich nur ungern Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Sie einleiten würden, wenn auch nach Titulierung der Forderung keine Zahlung erfolgt. Im Rahmen einer vergütungsrechtlichen Auseinandersetzung ist der RA im Übrigen nicht an die Schweigepflich...

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