A. Die Gesamtrechtsnachfolge

 

Rz. 1

Im Erbrecht des BGB gilt der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) gemäß § 1922 BGB. Die Universalsukzession bewirkt, dass mehrere Erben in Gesamthand (zu Quoten) erben.[1] Der Erbe erhält automatisch, ohne dass weitere rechtsgeschäftliche Vollzugsakte erforderlich wären, das Eigentum an allen vererblichen Nachlassgegenständen, und zwar unabhängig davon, ob diese sich bei Testamentserrichtung bereits im Vermögen des Erblassers befunden hatten bzw. der Erblasser überhaupt an sie gedacht hatte. Der Grundsatz der Universalsukzession hat also zur Folge, dass bei mehreren Erben lediglich eine dingliche Beteiligung an sämtlichen Nachlassgegenständen nach Anteilen, d.h. Erbquoten, möglich ist bzw. dass der Alleinerbe die volle Rechtsmacht des Erblassers erwirbt.

 

Rz. 2

Nach Annahme der Erbschaft haftet der Erbe gemäß § 1967 BGB mit seinem gesamten Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten, wobei er aber gewisse Beschränkungsmöglichkeiten, wie etwa die Herbeiführung des Nachlassinsolvenzverfahrens, der Nachlassverwaltung, die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses gemäß § 1990 BGB sowie die Einrede der Überschuldung durch Vermächtnisse und Auflagen gemäß § 1992 BGB, hat.[2]

 

Rz. 3

Falls der Erblasser überhaupt keinen Erben ausdrücklich eingesetzt bzw. lediglich Vermächtnisse verteilt hat, die den Nachlassbestand erschöpfen, so tritt grundsätzlich gesetzliche Erbfolge ein, auch wenn diese wirtschaftlich keine Bedeutung mehr hat. Die Erbenstellung ist also nicht davon abhängig, dass der Erbe tatsächlich aus dem Nachlass einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

Allerdings ist bei erschöpfender Verteilung durch Vermächtnisse zu prüfen, ob der Erblasser hier ansonsten die gesetzliche Erbfolge mit Vermächtnissen gelten lassen oder aber Vermächtnisse mit einer Erbeinsetzung quotenentsprechend oder gar eine Erbeinsetzung im Wertverhältnis der zugewiesenen Gegenstände zueinander vornehmen wollte.[3]

Sofern die Zuweisung den einzigen wesentlichen Vermögensgegenstand des Erblassers betrifft, ist außerdem zu fragen, ob der Erblasser den Betreffenden nicht etwa zum Erben einsetzen wollte (§ 2087 BGB). Diese Auslegungsschwierigkeiten treten verstärkt dann auf, wenn im Erbfall ein "Laientestament" zum Tragen kommt (vgl. zur Auslegung § 3 Rdn 1 ff.).

[1] Damrau/Tanck/Tanck, Praxiskommentar Erbrecht, § 1922 Rn 1.
[2] Vgl. zu den Grundsätzen der Erbenhaftung Damrau/Tanck/Gottwald, Vorbem. zu § 1967 Rn 3 ff.
[3] Nieder/Kössinger, § 8 Rn 9.

B. Die Vollerbeneinsetzung

I. Die Erbeinsetzung natürlicher Personen

1. Die Person des Erben

 

Rz. 4

Grundsätzlich kann jede natürliche Person als Erbe benannt werden. Es gibt jedoch Personen, die aufgrund ihrer Position gegenüber dem Erblasser nicht zu Erben bestimmt werden können. So sind unter bestimmten Umständen Verfügungen zugunsten eines Heimmitarbeiters oder eines Heimes, in dem der Erblasser lebt, unwirksam.

2. Unwirksamkeit von Verfügungen entsprechend der ehemaligen Regelung des § 14 HeimG

a) Landesrechtliche Vorschriften

 

Rz. 5

Das Heimrecht ist aufgrund der Föderalismusreform zwischenzeitlich in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer übergegangenen.[4] So haben alle Bundesländer hiervon zwischenzeitlich Gebrauch gemacht.[5] Die Vorschrift des § 14 HeimG wurde dabei nahezu wortgleich übernommen. Aufgrund der Tatsache, dass es in vereinzelten landesrechtlichen Regelungen Abweichungen gibt, ist immer der konkret anzuwendende Gesetzestext heranzuziehen[6] (aktuelle Übersicht unter www.dnoti.de). Die bislang zu § 14 HeimG ergangenen Grundsätze und Rechtsprechung dürfte weiterhin auch auf die jeweilige landesrechtliche Regelung Anwendung finden.

[4] Vgl. den Entwurf zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes, BT-Drucks 167/09.
[5] Vgl. Bonefeld, ZErb 2014, 241.
[6] So verfügt bspw. § 10 WTG des Landes NRW nicht über eine dem § 14 Abs. 6 HeimG entsprechende Ausnahmeregelung.

b) Anwendbarkeit

 

Rz. 6

Nach der ehemaligen Regelung des § 14 HeimG ist eine Verfügung[7] von Heimbewohnern zugunsten von Heimmitarbeitern oder des Heimträgers unwirksam.[8] Das Gleiche gilt auch, wenn beispielsweise Verwandte des Heimmitarbeiters als Nacherben eingesetzt werden.[9]

Nach Ansicht des BayObLG[10] war die Vorschrift des § 14 HeimG aber nicht (analog) auf ein Betreuungsverhältnis anwendbar. Ist der Betreute testierfähig, dann kann er grundsätzlich zugunsten des Betreuers wirksam verfügen.[11] Nach Ansicht des OLG Oldenburg[12] wurde § 14 HeimG nur auf in der Bundesrepublik Deutschland gelegene Heime angewendet. Auf Angestellte eines Pflegedienstes, die den Erblasser in dessen Haus gepflegt haben, fand § 14 HeimG ebenfalls keine Anwendung.[13]

Für die Frage, ob ein Verstoß gegen die ehemalige Verbotsnorm (§ 14 HeimG, § 134 BGB) vorliegt, kommt es auf den Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. Nach Auffassung des OLG Stuttgart fand das HeimG daher keine Anwendung auf letztwillige Verfügungen, die vor Inkrafttreten des Heimgesetzes errichtet wurden.[14]

 

Rz. 7

§ 14 Abs. 5 HeimG galt auch für den Leiter eines Heimes, unabhängig davon, ob er Angestellter oder Beamter ist. Beschäftigter ist, wer zum Träger des Heimes in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis steht und insoweit weisungsgebunden ist. Mitarbeiter e...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?