Dr. Wolfgang Kürschner, Karl-Hermann Zoll
Rz. 29
§ 670 BGB: Ersatz von Aufwendungen
Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatze verpflichtet.
Rz. 30
Erleidet ein Beauftragter einen Schaden, den der Auftraggeber durch eine von diesem verursachte Pflichtverletzung herbeigeführt hat, so haftet er dem Beauftragten nach § 280 BGB. Für den Auftraggeber gilt die allgemeine Schutzpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB. Danach obliegt es dem Auftraggeber, alle Rechte und sonstigen Rechtsgüter des Auftragnehmers zu schützen. Wenn der Auftrag bei Entgeltlichkeit werkvertraglichen Charakter hätte, ist auf die Schutzmaßnahmen abzustellen, die bei einem Werkvertrag zu beachten sind. Bei Tätigkeiten dienstvertraglicher Art sind § 618 BGB, § 619 BGB entsprechend anwendbar. Bei Verschulden des Erfüllungsgehilfen gilt § 278 BGB, bei Mitverschulden des Beauftragten findet § 254 BGB Anwendung.
Rz. 31
Erleidet der Beauftragte bei Ausführung des Auftrags einen Schaden, so stellt sich, falls für diesen Fall keine gesonderte vertragliche Absprache getroffen wurde, die Frage, wer unverschuldet entstandene Schäden zu ersetzen hat. Der Ersatz derartiger Zufallsschäden ist ausdrücklich im BGB nicht geregelt. Im Ergebnis besteht jedoch in Rechtsprechung und Literatur darüber Einigkeit, dass die Ablehnung von Ersatzansprüchen unbefriedigend wäre. Die herrschende Meinung dehnt den Aufwendungsbegriff aus und kommt so zur unmittelbaren oder wenigstens entsprechenden Anwendung des § 670 BGB für derartige Fallkonstellationen. Als ersatzfähig sind solche Zufallsschäden anzusehen, die adäquat kausal durch die Auftragsführung eingetreten sind und die sich aus einer mit dem Auftrag verbundenen Gefahr ergeben haben. Somit ist der Auftraggeber nur dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sich ein geschäftstypisches Risiko realisiert hat, nicht dagegen bei der Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos. Ausreichend und erforderlich ist, dass die Auftragsausführung objektiv mit einer Gefahr verbunden war und beide Beteiligte mit der Gefahr rechnen mussten. Da der Anspruch von Billigkeitserwägungen geprägt ist, erscheint in besonders gelagerten Fällen eine vorsichtige Modifizierung des Alles-oder-Nichts-Prinzips der §§ 249 ff. BGB vertretbar, wobei auch die Ausgestaltung des konkreten Auftragsverhältnisses, insbesondere die Risikoverteilung von Bedeutung sein kann.
Rz. 32
Einzelfälle zur Haftung für Zufallsschäden des Beauftragten:
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Wer auf Bitten der Leiterin eines Kinderheimes ein verletztes Kind ins Krankenhaus bringt und dazu einen fremden Wagen benutzt, der ihm zu anderen Zwecken überlassen war, hat bei einem Verkehrsunfall gegen den Träger des Kinderheims einen Anspruch auf Erstattung der ihn gegenüber dem Pkw-Eigentümer treffenden Ersatzpflicht, wenn der Wagen unterwegs durch einen Unfall beschädigt worden ist. Jedoch muss er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. |
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Eine Haftung nach § 670 BGB wurde angenommen bei einem Auftrag zum Einfangen eines tollwütigen Hundes, |
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bei der Hilfeleistung im Zusammenhang mit der Behandlung eines erkrankten Pferdes, |
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bei Rettungsrind Löscharbeiten, |
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beim Aufrichten eines Tanklastzugs, |
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bei der Unterstützung eines von streitenden Gästen bedrängten Gastwirts, |
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bei der Verfolgung der Täter nach einer Schlägerei, |
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bei der Aussperrung eines betrunkenen Gastes. |
Ein Auftrag liegt nur vor, wenn jemand eine diesbezügliche Verpflichtung übernimmt; bei der Übernahme einer politischen Tätigkeit ist ein solcher Auftrag nicht ohne weiteres anzunehmen. Das Vorliegen eines Auftragsverhältnisses wird durch ein eigenes Interesse des Beauftragten nicht ausgeschlossen. Ebenso wenig steht es dem Schadensersatzanspruch aus dem Auftragsverhältnis entgegen, dass der Beauftragte, wenn er das zum Schaden führende Risiko nicht eingegangen wäre, sich eines Vergehens nach § 330c StGB a.F. schuldig gemacht hätte. Ob mithin die Verpflichtung nur auf dem Auftragsverhältnis oder auch auf anderen rechtlichen Gesichtspunkten beruht, ist ohne Bedeutung.
Rz. 33
In entsprechender Anwendung des § 670 BGB kommt eine Haftung des Arbeitgebers für Sachschäden des Arbeitnehmers in Betracht. Die Ansprüche aus dem Auftragsverhältnis, um die es sich hier handelt, sind als gesetzliche Schadensersatzansprüche anzusehen; daher unterliegen sie dem Rechtsübergang nach § 116 SGB X und dem Versicherungsschutz nach § 1 AHB. Vorausgesetzt ist aber, dass es sich um solche "Aufwendungen" handelt, die aus einem Schadensereignis entstanden sind, welches die Beteiligten nicht bewusst in Kauf genommen haben. Sonst würde vielmehr die Übernahme des Risikos bzw. die Erduldung des Schadens unmittelbar Inhalt des Auftrages sein und die dafür zu leistenden Aufwendungen ausschließlich eine Erfüllungsleistung aus dem Auftrag darstellen. Der Auftrag schafft allein noch kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 636 RVO a.F. Ein Ve...