Dr. Wolfgang Kürschner, Karl-Hermann Zoll
Rz. 36
§ 677 BGB: Pflichten des Geschäftsführers
Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.
§ 680 BGB: Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr
Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§ 683 BGB: Ersatz von Aufwendungen
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
§ 685 BGB: Schenkungsabsicht
(1) Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen.
(2) Gewähren Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Absicht fehlt, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen.
Rz. 37
Dem Auftrag steht die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; § 677 BGB) mit den entsprechenden Ansprüchen aus § 683 BGB gleich; bei Hilfeleistung ohne Auftrag ist § 670 BGB anzuwenden. Bereits die Tatsache einer Geschäftsführung ohne Auftrag begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis. Trotz dieser Rechtsnatur hat die GoA nicht ihren Standort bei den BGB-Vorschriften zu anderen gesetzlichen Schuldverhältnissen wie §§ 812 ff. BGB oder §§ 823 ff. BGB, sondern im Hinblick auf die inhaltliche Nähe zum Auftrag dort. Es gibt keinen einheitlichen Tatbestand der GoA, sondern man unterscheidet die sogenannte echte GoA – das ist die Geschäftsführung für einen anderen im Sinne des § 677 BGB mit den Varianten der berechtigten und der unberechtigten GoA – sowie die unechte GoA – das ist die irrtümliche und die angemaßte GoA. Für jede der Fallgruppen gelten unterschiedliche Rechtsfolgen, wobei das BGB versucht, den unterschiedlichen Interessenlagen des Geschäftsführers und des Geschäftsherrn bei der unerbetenen Wahrnehmung fremder Interessen Rechnung zu tragen: Soweit die GoA eine Äußerung des Gemeinschaftssinnes darstellt, ist der Geschäftsführer zu sichern, insbesondere durch Anspruch auf Aufwendungsersatz (§§ 683–686 BGB); andererseits ist der Geschäftsherr vor aufdringlichen oder eigennützigen Eingriffe in seine Sphäre zu schützen (§§ 677–681 BGB), insbesondere durch Schadensersatzansprüche. Die GoA stellt einen Auffangtatbestand dar, dessen Regeln für Geschäftsführung und ähnliche Tatbestände heran gezogen werden können, die nicht anderweitig gesetzlich geregelt sind. Im Geschäftsübernahmewillen liegt die Abgrenzung zu reinen Gefälligkeitshandlungen.
Rz. 38
Schäden des Geschäftsführers, die in Folge der Gefährlichkeit des Geschäfts eingetreten sind, hat der Geschäftsherr zu ersetzen. Bei Rettung aus Lebensgefahr besteht die Haftung auf Schadensersatz; es kommt dabei nicht darauf an, ob auch die Voraussetzungen des § 323c StGB gegeben sind. Die Aufwendungen müssen immer in angemessenem Verhältnis zu der Rettungshandlung stehen. Setzt sich jemand einer erheblichen Lebensgefahr aus, nur um ein Tier oder eine Sache zu retten, so können die Aufwendungen im Sinne des § 683 BGB, § 670 BGB u.U. nicht mehr als erforderlich anerkannt werden. Der gesetzliche Vertreter eines Kindes kann die von ihm aufgewendeten Heilungskosten nach § 683 BGB ersetzt verlangen. Das Krankenhaus, das ein unfallverletztes Kind aufnimmt, führt insoweit ein Geschäft im Sinne des § 677 BGB auch für den, der die ihm obliegende Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, dadurch verletzt hat, dass er es unterlassen hat, die Betreuung des Kindes in einem Krankenhaus finanziell zu ermöglichen. Fremdgeschäftsführung zur Gefahrenabwehr liegt beispielsweise vor, wenn der Fahrgast einer Straßenbahn durch das Ausstrecken eines Armes als Helfer in einer Notsituation versucht, den Sturz eines anderen Fahrgastes aufgrund einer Blockierbremsung der Straßenbahn aufzuhalten oder zumindest abzumildern. In der gesetzlichen Unfallversicherung ist auch der als Hilfeleistender im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziff. 13a SGB VII versichert, der sich um die Abwendung eines konkret bevorstehenden Schadenereignisses bemüht hat. Der Ersatzanspruch des Hilfeleistenden aus §§ 683, 670 BGB, der gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 SGB VII einen Anspruch gegen die Sozialversicherung hat, verringert sich in dem entsprechenden Ausmaß. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob – und ggf. in welchem Umfang – ein gesetzlicher Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung stattfindet.
Rz. 39
Immer muss der tätig Gewordene den Willen gehabt haben, ein fremdes Geschäft zu b...