Rz. 352

Das zulässige Rechtsmittel hatte Erfolg.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts stand der Klägerin kein Ausgleichsanspruch zu.

Beide Parteien hafteten den Geschädigten nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG a.F., § 421 BGB als Gesamtschuldner. Ihre Ausgleichspflicht im Innenverhältnis bestimme sich nicht nach § 59 Abs. 2 VVG a.F. oder § 10a der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung a.F. (AKB a.F.), sondern allein nach § 17 StVG. Danach scheide ein Innenausgleich aus; denn der Halter der Zugmaschine bleibe gegenüber dem des Anhängers allein zum Schadensersatz verpflichtet, solange nicht besondere Umstände – etwa Mängel – die Betriebsgefahr des Anhängers erhöht und dadurch bei dem Unfall mitgewirkt hätten. Solche Umstände lägen hier nicht vor. Die bloße Betriebsgefahr des Anhängers trete gegenüber dem Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteil des Halters und Führers der Zugmaschine zurück. Die Haftungserweiterung auf den Anhängerhalter nach § 7 Abs. 1 StVG habe lediglich den Schutz des Geschädigten bezweckt, nicht aber dem Halter der Zugmaschine im Innenverhältnis regelmäßig einen Ausgleichsanspruch mit Rücksicht auf die Betriebsgefahr des Anhängers gewähren sollen.

 

Rz. 353

Das hielt rechtlicher Nachprüfung durch den IV. Zivilsenat (Versicherungssenat) nicht stand.

Die Beklagte muss nach § 59 Abs. 2 S. 1 VVG a.F. die Hälfte des von der Klägerin regulierten Schadens tragen. Mithin stand der Klägerin der geltend gemachte Ausgleichsanspruch zu.

 

Rz. 354

Die Haftpflichtversicherungen der Zugmaschine einerseits und des Anhängers andererseits begründen für das aus beiden Fahrzeugen gebildete Gespann eine Doppelversicherung i.S.v. § 59 Abs. 1 VVG a.F. Die Identität des jeweils versicherten Interesses, d.h. die Deckungsgleichheit des Versicherungsschutzes, beschränkt sich nicht auf Haftpflichtansprüche, die aus dem Gebrauch des Anhängers, sondern erfasst das gesamte Gespann aus Zugmaschine und Anhänger, die insoweit eine Betriebseinheit bilden.

 

Rz. 355

Der Umfang des Versicherungsschutzes für das jeweils versicherte Fahrzeug bestimmt sich nach den – beiden Versicherungsverträgen zugrunde liegenden – AKB in deren bis zum Jahre 2008 verwendeten Fassung. § 10 dieser Bedingungen hat folgenden Wortlaut:

 

Rz. 356

Zitat

§ 10 Umfang der Versicherung

(1) Die Versicherung umfasst die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadenersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs:

a) Personen verletzt oder getötet werden,
b) Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen,
c) Vermögensschäden herbeigeführt werden, die weder mit einem Personen- noch mit einem Sachschaden mittelbar oder unmittelbar zusammenhängen.

(2) Mitversicherte Personen sind:

a) der Halter,
b) der Eigentümer,
c) der Fahrer
 

Rz. 357

Die bei der Klägerin gehaltene Versicherung der Zugmaschine erstreckte sich nach § 10a AKB a.F. auch auf Schäden, die durch einen Anhänger verursacht werden, der mit dem Kraftfahrzeug verbunden ist oder sich während des Gebrauchs von diesem löst und noch in Bewegung befindet. Mitversichert sind dabei auch Halter, Eigentümer und Fahrer des Anhängers.

 

Rz. 358

Der bei der Beklagten genommene Versicherungsschutz für den – nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. c PflVG, § 18 Abs. 2 Nr. 1 StVO versicherungsfreien – Anhänger ergibt sich aus dem Leistungsversprechen des § 10 Abs. 1 AKB a.F., da der Anhänger hier das unmittelbar versicherte Fahrzeug ist. Eines Rückgriffs auf § 10a AKB a.F. bedarf es insoweit nicht.

 

Rz. 359

Entgegen einer in der Literatur vereinzelt vertretenen Meinung beschränkt sich der Versicherungsschutz in der Anhängerversicherung nicht auf die Halterhaftung, vielmehr ist auch hier nach § 10 Abs. 2 Buchst. c AKB a.F. der Fahrer des Anhängers mitversichert, der zugleich Fahrer des gesamten, verbundenen Gespanns ist.

 

Rz. 360

Das folgt bereits aus gesetzlichen Vorgaben. § 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Anhängers, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zu nehmen. Nach der aufgrund von § 4 PflVG erlassenen Kraftfahrzeugpflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV) muss die Versicherung Schadensersatzansprüche umfassen, die gegen mitversicherte Personen erhoben werden (§ 2 Abs. 1 KfzPflVV). Als eine solche bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 3 KfzPflVV auch den Fahrer, wobei die Vorschrift nicht zwischen motorisierten Fahrzeugen und Anhängern unterscheidet.

 

Rz. 361

Das findet eine Entsprechung in der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV), deren § 2 als "Fahrzeuge" Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger erfasst. Nach § 3 Abs. 1 FZV bedürfen Fahrzeuge – also auch Anhänger mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 Nr. 2 FZV genannten – für den Betrieb auf öffentlichen Straßen einer Zulassung. Voraussetzung dafür ist eine "dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende" Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (§ 3 Abs....

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