Dr. Gudrun Doering-Striening
A. Einleitung
Rz. 1
Hinweis
Ab 1.1.2023 tritt ein neues Betreuungsrecht in Kraft! Auf wichtige Neuregelungen wird nachfolgend hingewiesen.
Durch eine gesetzliche Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) entstehen Kosten (Gebühren und Auslagen, z.B.:
Rz. 2
Das neue Betreuungsrecht regelt die Betreuung ab 1.1.2023 in den §§ 1814 ff. BGB ohne die komplizierte Verweisung des § 1908i BGB. Vergütung und Aufwendungsersatz sind in einem eigenen Untertitel 5 in den §§ 1875–1881 BGB geregelt. Das Betreuungsrecht wird durch ein Betreuungsorganisationsgesetz ergänzt und die Vergütung und der Aufwendungsersatzanspruch des beruflichen Betreuers wird nach § 1875 BGB n.F. durch das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz – VBVG) geregelt. Die bisherige Ausnahme-Vergütung für den ehrenamtlichen Betreuer wird in § 1876 BGB n.F. geregelt und setzt voraus, dass der Betreute nicht mittellos ist.
B. Gerichtskosten
Rz. 3
Die Gerichtskosten und Auslagen in Betreuungsverfahren werden nach dem GNotKG und seinen Anlagen 1 (Kostenverzeichnis – KV GNotKG) und 2 festgestellt.
Zu den Auslagen des Gerichts (§ 14 GNotKG) gehören insbesondere die Honorare des Sachverständigen und des Verfahrenspflegers, aber auch Zeugenentschädigungen und Reisekosten, z.B. des Richters anlässlich der persönlichen Anhörung des Betroffenen. Der Sachverständige wird nach den Regeln des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetzes (§§ 8 ff. JVEG) bezahlt.
Rz. 4
Kostenschuldner ist nach § 23 Nr. 1 GNotKG in Betreuungssachen und betreuungsgerichtlichen Zuweisungssachen der Betroffene, wenn ein Betreuer oder vorläufiger Betreuer bestellt wurde.
Rz. 5
Nach Vorbemerkung 1.1 KV GNotKG werden von dem Betroffenen Gebühren nur erhoben, wenn sein Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 EUR beträgt.
Was unter Vermögen zu verstehen ist, wird nicht definiert, lediglich der in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannte Vermögenswert – also ein angemessenes Hausgrundstück, das von der Person selbst oder einer anderen in § 19 Abs. 1–3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen (§ 16 Abs. 5 SGB XII) bewohnt werden soll – soll nicht mitgerechnet werden. Insoweit erfolgt eine Bezugnahme auf einen Schonvermögenstatbestand des Sozialhilferechts. Damit dürfte aber keine totale Inbezugnahme des Vermögensbegriffs des § 90 SGB XII gemeint sein. Dagegen spricht schon, dass dem Vermögensbegriff des § 90 SGB XII der Abzug von Verbindlichkeiten fremd ist. Alle Vermögenswerte werden einzeln betrachtet und müssen grundsätzlich zur Sicherung des Lebensunterhalts eingesetzt werden.
Hinweis
Der Verweis auf das SGB XII gilt auch für Betreute, die Bezieher von SGB II-Leistungen oder SGB IX-Leistungen sind. Die unterschiedlichen Vermögensschontatbestände dieser Leistungsgesetze spielen daher an dieser Stelle keine Rolle.
Rz. 6
Weil der Vermögensbegriff des KV GNotKG nicht dem des § 90 SGB XII entspricht, kann Mittellosigkeit des Betreuten auch dann angenommen werden, wenn das Vermögen mit Verbindlichkeiten bzw. Gegenansprüchen belastet ist.
Rz. 7
Fallbeispiel 80: Die Jahresgebühr und das Behindertentestament
A, für den eine Betreuung besteht, wurde aufgrund eines Testaments seines Onkels O – nicht befreiter – Vorerbe. Der Onkel hatte Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Zusätzlich hatte er die Testamentsvollstreckerin gem. § 2216 Abs. 2 BGB verbindlich angewiesen, die dem A gebührenden jährlichen Reinerträgnisse des Nachlasses ausschließlich in Form von Geschenken zum Geburts- und Namenstag, zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten, Zuwendungen zur Befriedigung individueller Bedürfnisse, Zuschüssen zur Finanzierung und Gestaltung des Urlaubs und Geldzuwendungen zukommen zu lassen. Letztere sollten jedoch – für den Fall, dass A Sozialleistungen in Anspruch nehmen sollte – den Rahmen dessen nicht übersteigen, was A nach den einschlägigen Bestimmungen maximal zur freien Verfügung haben darf, damit ein Anspruch auf die Sozialleistungen weiter besteht bzw. keine Erstattungspflicht eintritt.
Die Kostenbeamtin setzte ausgehend von einem gebührenrelevanten Vermögenswert von 143.500 EUR die Jahresgebühr gem. Nr. 11101 KV GNotKG für das Jahr 2019 auf 290 EUR fest.
Auf die von dem Betreuten A eingelegte Erinnerung hob das Amtsgericht den Kost...