Rz. 26

Wird bei einem Verkehrsunfall die haushaltsführende Person getötet, verursacht dies ebenso wie im Falle der Verletzung des Unfallopfers Ansprüche auf Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens. Letztlich handelt es sich beim Haushaltsführungsschaden im Falle der Tötung um einen Bestandteil des Unterhaltsanspruchs in der Form des Naturalunterhalts. Während der Barunterhalt dem Ausgleich des weggefallenen Einkommens des Getöteten dient, wird durch den Naturalunterhalt/Haushaltsführungsschaden der Wegfall der Mithilfe im Haushalt kompensiert. Bei der konkreten Bestimmung der Ansprüche muss zwischen zwei Phasen unterschieden werden:

Bis zum Eintritt des Todes hat der Geschädigte eigene Ansprüche auf Ausgleich eines Haushaltsführungsschadens erworben, die durch den Tod auf die Erben des Verstorbenen übergehen. Die Ermittlung dieser Ansprüche richtet sich nach den für die Verletzung von Unfallopfern geltenden Grundsätzen (siehe hierzu § 9 Rdn 1 ff.).
Durch den Eintritt des Todes erwerben die Personen, denen gegenüber der Getötete unterhaltsverpflichtet war, einen Anspruch auf Ausgleich des Schadens, der durch den Wegfall der Haushaltsführungskraft verursacht wurde. Es handelt sich also um eigene Ansprüche der Unterhaltsberechtigten gem. § 844 Abs. 2 BGB. Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich ausschließlich mit diesen Ansprüchen.
 

Rz. 27

Zu unterscheiden sind die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des Anspruchs auf Ausgleich des Haushaltsführungsschadens bei der Tötung eines Getöteten.

Allgemeine Voraussetzungen sind:

Unterhaltsberechtigung: Der Anspruchsteller muss gegenüber dem Getöteten unterhaltsberechtigt sein. Dies ist bei Verwandten in gerader Linie gem. § 1601 BGB und bei Ehegatten gem. § 1360 BGB der Fall.
Leistungsfähigkeit: Der Getötete muss überhaupt dazu in der Lage gewesen sein, seiner Unterhaltspflicht entsprechen zu können. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten fehlt, wenn der Unterhaltsanspruch nicht durchsetzbar gewesen wäre.
Haftung: Die Haftung des Schädigers besteht nur in dem Umfang, in dem der Getötete seinerseits Ansprüche auf Schadensersatz im Falle des Überlebens erworben hätte. Zu berücksichtigen sind also Mitverschulden gem. § 254 Abs. 1 BGB und Mitverursachung gem. § 17 StVG.
Bedürftigkeit: Gem. § 1602 Abs. 1 BGB ist nur derjenige unterhaltsberechtigt, der außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Dieser Einwand ist gegenüber dem Ehegatten unbeachtlich.
Unterhaltsumfang: Gem. § 844 Abs. 2 BGB richtet sich der Umfang des Anspruchs grundsätzlich danach, in welchem Umfang der Getötete dem Berechtigten gegenüber zum Unterhalt verpflichtet gewesen wäre. Dieser Grundsatz wird allerdings durch die Regelung in § 1356 Abs. 1 BGB relativiert. Danach regeln Ehegatten die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Die Einvernehmensregelung wird durch den Grundsatz der Angemessenheit begrenzt. Führt das Einvernehmen der Ehegatten zu einer unangemessenen Erweiterung der Unterhaltspflicht über das Gesetz hinaus, bleibt es bei der Ermittlung des rechtlich Geschuldeten unberücksichtigt.[58]
 

Rz. 28

Muster 10.8: Grundsätze der Berechnung des Naturalunterhaltsschadens bei Eheleuten

 

Muster 10.8: Grundsätze der Berechnung des Naturalunterhaltsschadens bei Eheleuten

Nach § 844 Abs. 2 BGB hat der Schädiger in dem Umfang Ersatz zu leisten, in dem der Getötete zur Unterhaltsgewährung verpflichtet gewesen wäre. Maßgeblich ist also der gesetzlich geschuldete, nicht der tatsächlich geleistete Unterhalt. Der Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht hängt dabei von den Lebensumständen und den persönlichen Bedürfnissen ab. Der Umfang eines zu leistenden Barunterhalts bestimmt sich bei einer intakten Ehe grundsätzlich nach dem gesamten Einkommen beider Ehegatten und dem dadurch geprägten Lebensstil (vgl. bereits BGH, Urt. v. 22.1.1985 – VI ZR 71/83 – VersR 1985, 365 ff.). Die Eheleute sind allerdings gemäß §§ 1356, 1360, 1360a BGB berechtigt, die Art und Weise der gegenseitigen Unterhaltsgewährung i.R.d. Angemessenen frei zu gestalten. Getroffene Vereinbarungen sind dann nicht nur unterhaltsrechtlich, sondern auch haftungsrechtlich verbindlich (OLG Oldenburg, Urt. v. 14.8.2009 – 6 U 118/09 – juris).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass nach dem modernen Verständnis einer Ehe als einer Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner und dem Fortfall des ursprünglichen gesetzlichen Leitbilds der sog. Hausfrauenehe die Ehegatten frei vereinbaren können, wer und in welchem Umfang durch eine Erwerbstätigkeit den materiellen Unterhalt der Familie sicherstellt, und wer und in welchem Umfang den Haushalt führt (BGH, Urt. v. 22.1.1985 – VI ZR 71/83 – VersR 1985, 365 ff.). Dabei sind auch Mischformen möglich sowie allgemein üblich. Aus der tatsächlichen Handhabung der Haushaltsführung kann auf eine entsprechende einvernehmliche Regelung der Ehepartner geschlossen werden (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, Rn 362, 363). Maßgebend für die Ersatzverp...

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