Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 363
Nach der ganz h.M. liegt eine Satzungsänderung bereits bei jeder Änderung des Textes vor. Demgegenüber kann der Notar bloße Schreibfehler, die sich aus der ursprünglichen Urkunde ergeben, als offensichtliche Unrichtigkeiten i.S.v. § 44a Abs. 2 BeurkG in einem Nachtragsvermerk berichtigen. Dies erscheint jedoch als reiner Formalismus, zumal das Vorlesen der Urkunde als maßgebender Teil einer Beurkundung eine geänderte Rechtschreibung nicht erkennen lässt.
Die "echte" Satzungsänderung liegt nur dann vor, wenn die die Verfassung der GmbH betreffenden oder mitgliedschaftsrechtlichen Regelungen geändert werden. (Zu schuldrechtlichen Nebenabreden und sonstigen Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern s. bereits Rdn 241.)
Rz. 364
Eine "echte" Satzungsänderung kann nur durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen, welcher einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen bedarf und notariell zu beurkunden ist (§ 53 GmbHG). Die Satzungsänderung ist zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Die Änderung der Satzung kann, soweit sie die in § 10 Abs. 1 und 2 GmbHG bezeichneten Angaben betrifft, dem Registergericht nicht durch bloße Bezugnahme auf die Urkunde mitgeteilt werden, sondern ist in der Anmeldung selbst schlagwortartig hervorzuheben. Das Registergericht prüft die Satzungsänderung sowohl in formeller Hinsicht, also die ordnungsgemäße Anmeldung, d.h. die Legitimation der Anmeldenden, die Form der Anmeldung und die Vollständigkeit der beigefügten Unterlagen sowie die Wirksamkeit des Änderungsbeschlusses, als auch inhaltlich. Nach der Rspr. beginnt die Prüfungspflicht des Registergerichts bei Vorliegen begründeter Bedenken gegen die Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen.
Rz. 365
Nicht geklärt ist die Behandlung der Anpassung des Satzungstextes an außerhalb der Satzung geänderte oder mittlerweile überholte Satzungsinhalte, so z.B. der noch in der Satzung enthaltene Name eines Ex-Gesellschafters, der seinen Anteil inzwischen an einen Anderen übertragen hat. Bei Unterschieden im Detail wird hierzu vertreten, dass §§ 53, 54 GmbHG nicht oder nicht umfassend Anwendung fänden, mit der Folge, dass Änderungen formlos oder mit einfacher Mehrheit beschlossen werden und als deklaratorische Änderungen in das Handelsregister angemeldet und eingetragen werden müssten bzw. könnten. Richtigerweise unterfallen insb. aus Gründen der Rechtssicherheit auch solche Anpassungen den Vorschriften über die Satzungsänderung. Auch hier sind allerdings Beschränkungen zu beachten. So dürfen gem. § 26 Abs. 5 AktG (analog) Satzungsbestimmungen über die Festsetzung etwa von Sacheinlagen oder Gründungskosten durch Satzungsänderung erst beseitigt werden, wenn die Gesellschaft 30 Jahre im Handelsregister eingetragen ist und wenn die Rechtsverhältnisse, die den Festsetzungen zugrunde liegen, seit mindestens fünf Jahren abgewickelt sind. Diese Behaltensfristen dienen der langfristigen Information des Rechtsverkehrs zu den ursprünglich im Rahmen der Gründung der Gesellschaft bereits bestehenden Belastungen und Aufwendungen.
Rz. 366
Bei sog. Satzungsdurchbrechungen, d.h. Gesellschafterbeschlüssen, die zur Satzung im Widerspruch stehen, ohne den Satzungstext generell für die Zukunft zu ändern, ist zwischen punktuellen und zustandsbegründenden Beschlüssen zu unterscheiden. Punktuell satzungsdurchbrechende Beschlüsse betreffen einen konkreten Einzelfall und die Wirkung des Beschlusses erschöpft sich in der jeweiligen Maßnahme. Demgegenüber führen zustandsbegründende satzungsdurchbrechende Beschlüsse zu einer dauerhaften Abweichung von einer Satzungsregelung. Zustandsbegründende satzungsdurchbrechende Beschlüsse ohne Beachtung der für eine Satzungsänderung geltenden Formvorschriften sind unwirksam. Dies ist richtigerweise so zu verstehen, dass der Satzungstext selbst geändert und nicht lediglich der Beschluss beurkundet und zum Handelsregister eingereicht werden muss. Im Umkehrschluss können lediglich punktuelle Satzungsdurchbrechungen, also solche die keine Dauerwirkung entfalten und nicht in die Binnenstruktur der Gesellschaft eingreifen, durch einfachen Gesellschafterbeschluss zulässig gefasst werden. Dies betrifft etwa die punktuelle Befreiung von einem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot oder auch die punktuelle Befreiung der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB, soweit sich diese auf ein bestimmtes Geschäft bezieht. Wird der punktuell satzungsdurchbrechende Beschluss formfrei gefasst, ist er anfechtbar. Zur Vermeidung der Anfechtbarkeit ist der Beschluss nach h.M. unter Einhaltung aller Satzungsänderungsformalien zu fassen; eine Anmeldung und Eintragung ist jedoch nicht erforderlich.
Die Gesellschafterversammlung kann die Kompetenz zur Satzungsänderung aus § 53 GmbHG und zur Fassung von Grundlagenbeschlüssen, z.B. Umwandlungen oder der Abschluss von Unternehmensverträgen, nicht auf die Geschäftsführung delegieren.