Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 377
Ein an einem besonders schwerwiegenden Mangel leidender Gesellschafterbeschluss ist nichtig; die Nichtigkeit ist nach h.M. analog § 241 AktG durch Klage geltend zu machen. Allgemeine Nichtigkeitsgründe sind danach Einberufungsmängel, Nichtbeurkundung von kraft Gesetzes beurkundungsbedürftigen Beschlüssen, Beschlüsse mit wesensfremden Inhalten oder solche, die Vorschriften verletzen, die im öffentlichen oder Gläubigerinteresse stehen, und Beschlüsse mit sittenwidrigen Inhalten. Auch stimmlose Beschlüsse bzw. Scheinbeschlüsse können nichtig sein.
Weiterhin sind Beschlüsse nichtig, die aufgrund einer Anfechtungsklage durch Urteil für nichtig erklärt oder die im Handelsregister als nichtig gelöscht wurden. Im GmbH-Recht gibt es weiterhin spezielle Nichtigkeitsgründe. So § 57j Satz 2 GmbHG für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei nichtproportionaler Verteilung der neuen Geschäftsanteile auf die Gesellschafter und nach § 57n Abs. 2 Satz 4 GmbHG bei zu später Eintragung der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln.
Zudem gibt es Bestimmungen, die inzident die Nichtigkeit eines ihnen entgegenstehenden Beschlusses vorsehen. In diesem Sinne unwirksam ist nach Auff. des OLG München auch ein Beschluss des Alleingesellschafter-Geschäftsführers über seine eigene Abberufung. In der Rspr. ist für diese Fälle bereits seit Langem anerkannt, dass der Beschluss – weil regelmäßig rechtsmissbräuchlich – unwirksam ist, sofern nicht gleichzeitig ein neuer Geschäftsführer bestellt wird. Unerheblich ist es dabei auch, ob der Geschäftsführer abberufen wird oder er selbst sein Amt niederlegt. Durch den im Zuge des MoMiG eingefügten § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ändert sich an diesen Grundsätzen nichts, denn diese Vorschrift gewährleistet bei Führungslosigkeit der Gesellschaft nur eine Passivvertretung.
Auch ein Satzungsänderungsbeschluss, der gegen § 4a GmbHG verstößt, ist analog § 241 Nr. 3 Fall 3 AktG nichtig und darf nicht ins Handelsregister eingetragen werden.
Rz. 378
Eine fehlerhafte Einberufung führt dann zur Nichtigkeit, wenn sie nicht durch die dazu Befugten (Geschäftsführer, Gesellschafterminderheit nach § 50 Abs. 3 GmbHG) erfolgte, wenn nicht alle nach § 16 GmbHG bei der GmbH angemeldeten Gesellschafter eingeladen wurden, bei fehlerhafter Angabe von Ort und Zeit der Versammlung in der Einladung oder zu kurzfristiger Einladung, sodass mindestens ein Gesellschafter nicht in der Lage war, an der Versammlung teilzunehmen, sowie bei Nichteinhaltung der Formvorschrift des § 51 GmbHG. Die Nichtigkeitsfolge tritt allerdings im Fall einer Universalversammlung nicht ein.
Rz. 379
Die Ladung eines Nichtgesellschafters (z.B. des "Erwerbers" bei einer unwirksamen Geschäftsanteilsabtretung) beeinträchtigt nicht die Wirksamkeit des daraufhin gefassten Beschlusses. Wird aber der Nochgesellschafter, der seinen Anteil unwirksam abgetreten hat, nicht geladen, kann der Gesellschafterbeschluss schon wegen der fehlerhaften Ladung nichtig sein. Denn die Einladung muss an alle Gesellschafter i.S.d. § 16 GmbHG gerichtet werden, auch an nicht stimmberechtigte. In diesen Fällen folgt jedoch häufig die Wirksamkeit des Beschlusses aus § 16 Abs. 1 GmbHG, denn der Gesellschaft gegenüber gilt derjenige als Gesellschafter, der in die beim Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist.
Rz. 380
Besteht ein Beschluss aus verschiedenen Entscheidungsgegenständen und beschränkt sich die Fehlerhaftigkeit auf einzelne Entscheidungsgegenstände, wendet die h.M. § 139 BGB an. Ein Beschluss kann also auch nur teilweise nichtig sein.
Die Nichtigkeit von Beschlüssen kann jederzeit auch außerhalb des Klageweges und gegenüber Dritten geltend gemacht werden, z.B. um Ansprüche abzuwehren oder zu begründen. Gerichtlich stehen gegen nichtige Beschlüsse die Feststellungsklage i.S.d. § 256 ZPO oder Anfechtungsklage analog § 249 AktG offen.
Nichtige Beschlüsse dürfen weder ausgeführt noch in das Handelsregister eingetragen werden. Nichtige Beschlüsse können aber durch Eintragung ins das Handelsregister analog § 242 AktG nach Ablauf von drei Jahren geheilt werden, bei bloßem Vorliegen eines Beurkundungsmangels sogar unmittelbar. Während eine Heilung durch nachträgliche Zustimmung aller Gesellschafter o.ä. grds. nicht herbeigeführt werden kann, ist dies bei Ladungsmängeln durch Genehmigung analog § 242 Abs. 2 Satz 4 AktG durch den Nichtgeladenen unverzüglich nach der Beschlussfassung ausnahmsweise möglich.