Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 450
Zweck einer ordentlichen Kapitalherabsetzung kann es sein, durch Aufhebung der Vermögensbindung frei werdendes Vermögen z.B. bar an die Gesellschafter auszuschütten, zur Abfindung ausscheidender Gesellschafter zu verwenden oder den Betrag in eine Kapitalrücklage einzustellen, um z.B. Jahresfehlbeträge ausgleichen zu können. Weiter kann die Kapitalherabsetzung bei noch voll eingezahlten Geschäftsanteilen gem. § 19 Abs. 3 zum Erlass ausstehender Einlageverpflichtungen zur Schaffung der Voraussetzungen für den Erwerb als eigene Anteile (§ 33 Abs. 1 GmbHG) genutzt werden. Da sie ein Mittel zum Erlass ausstehender Einlagen ist, kann über eine Kapitalherabsetzung auch eine noch nicht geheilte, verdeckte Sacheinlage geheilt werden, und zwar auch, wenn die Gesellschafter nicht anschließend eine Kapitalerhöhung beschließen.
Wegen der Reduzierung des Haftungsfonds durch die ordentliche Kapitalherabsetzung sind besondere Gläubigerschutzbestimmungen zu beachten. Der Herabsetzungsbeschluss muss den Betrag der Herabsetzung und, auch wenn dies aus dem Gesetz nicht hervorgeht, den Zweck der Kapitalherabsetzung enthalten. Der Beschluss muss die Auswirkungen auf die Nennbeträge der einzelnen Geschäftsanteile zwingend zumindest bei nichtproportionaler Herabsetzung angeben. Es darf keine Unterschreitung des Mindestkapitals eintreten, auch dann nicht, wenn gleichzeitig eine Kapitalerhöhung zur Erreichung der Mindestkapitalziffer beschlossen wird.
Die Kapitalherabsetzung ist in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Die Gläubiger sind aufzufordern, sich bei der Gesellschaft zu melden. In der Bekanntmachung ist zwingend nur der Betrag der Kapitalherabsetzung anzugeben. Der Zweck der Kapitalherabsetzung ist den Gläubigern nur auf deren Anfrage hin mitzuteilen. Die aus den Handelsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind gesondert zu informieren. Bei Unterlassen dieser gesonderten Benachrichtigung können sich die Geschäftsführer den betreffenden Gläubigern gegenüber schadensersatzpflichtig nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG machen. Gläubigern, welche sich bei der Gesellschaft melden und der Herabsetzung nicht zustimmen, ist Befriedigung oder Sicherung zu gewähren.
Die Anmeldung zum Handelsregister darf frühestens nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern erfolgen (Sperrfrist nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) und ist gem. § 78 GmbHG durch sämtliche Geschäftsführer persönlich vorzunehmen. Die Unterschrift der Anmeldenden kann allerdings schon vor Ablauf des Sperrjahres beglaubigt werden. Sie haben der Anmeldung die Versicherung der Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger, auch wenn sich kein Gläubiger gemeldet hat oder alle zugestimmt haben, das notarielle Protokoll der Satzungsänderung, den vollständigen Wortlaut der neuen Satzung sowie die Bekanntmachung beizufügen (gem. § 58 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG).
Rz. 451
Durch die Kapitalherabsetzung werden die Nennbeträge sämtlicher Geschäftsanteile, sofern nichts anderes bestimmt wird, verhältnismäßig herabgesetzt (§ 58 Abs. 2 GmbHG). Nach der Kapitalherabsetzung müssen die Summe der Geschäftsanteile und die Stammkapitalziffer wieder übereinstimmen. Das Mindeststammkapital gem. § 5 Abs. 1 GmbHG darf auch nach Einführung der UG nicht unterschritten werden, sodass eine Kapitalherabsetzung hinein in eine UG unzulässig ist.
Hinweis
In der Praxis werden die Gläubigerschutzvorschriften bei der Kapitalherabsetzung als zu rigide und "hinderlich" empfunden. Die Gesellschaften versuchen, insb. die Sperrfrist von einem Jahr zu umgehen und weichen v.a. auf Umwandlungs- und Darlehensmodelle aus. Bei dem sog. Darlehensmodell gewährt die Gesellschaft den Gesellschaftern den aus der Kapitalherabsetzung auszuschüttenden Betrag als Darlehen, das dann nach Auslaufen der Sperrfrist mit dem Anspruch gegen die Gesellschaft verrechnet wird. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, anstatt der Kapitalherabsetzung eine Verschmelzung auf eine andere Gesellschaft unter Verzicht der Anteilsgewährung oder mit nur geringer Anteilsgewähr (1 EUR) durchzuführen.