Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1727
Nach § 202 Abs. 1 AktG kann der Vorstand für die Dauer von höchstens 5 Jahren ermächtigt werden, das Grundkapital bis höchstens zur Hälfte des zum Zeitpunkt der Ermächtigung vorhandenen Grundkapitals zu erhöhen (genehmigtes Kapital). Es handelt es sich um einen Vorratsbeschluss auf Kapitalerhöhungen, der dem Vorstand die Möglichkeit gibt, nach eigenem Ermessen und ohne die langwierige Einberufung und Durchführung einer Hauptversammlung Kapitalerhöhungen zu beschließen und durchzuführen. Im Wesentlichen entspricht die Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital in ihren Abwicklungsstadien denen einer regulären Kapitalerhöhung. Ebenso wie bei der normalen Kapitalerhöhung kann sich nach h.M. die Gesellschaft bzw. ihr Vorstand nicht dazu verpflichten, Aktien aus einem genehmigten Kapital auszugeben. Problematisch ist dies bei Unternehmenskäufen, wenn es darum geht, dass der Vorstand der Käufergesellschaft als Gegenleistung Aktien des eigenen Unternehmens zu liefern hat.
aa) Übersicht
Rz. 1728
bb) Muster: Erhöhung des Grundkapitals (§ 202 Abs. 1 AktG)
Rz. 1729
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Muster 10.27: Erhöhung des Grundkapitals (§ 202 Abs. 1 AktG)
1. |
Der Vorstand wird ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft von 50.000,00 EUR um bis zu 25.000,00 EUR in der Zeit bis zum 31.3.2028 mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch ein- oder mehrmalige Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bar- und/oder Sacheinlage zu erhöhen (genehmigtes Kapital). |
2. |
Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates über einen Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden. |
3. |
Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates die weiteren Einzelheiten der Kapitalerhöhung, den Ausgabebetrag sowie die weiteren Bedingungen der Aktienausgabe festzulegen. |
4. |
Nach § 3 der Satzung wird folgender neuer § 3a eingefügt: "Der Vorstand ist ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft von 50.000,00 EUR um bis zu 25.000,00 EUR in der Zeit bis zum 31.3.2028 mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch ein- oder mehrmalige Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautende Stückaktien gegen Bar- oder Sacheinlage zu erhöhen (genehmigtes Kapital)." |
5. |
Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, die Fassung der Satzung entsprechend der Ausnutzung des genehmigten Kapitals anzupassen. |
cc) Inhalt
Rz. 1730
Grundlage der Ermächtigung an den Vorstand zur Kapitalerhöhung ist die Satzung. Ein genehmigtes Kapital kann bereits in der Gründungssatzung geschaffen werden (§ 202 Abs. 2 Satz 1 AktG). Wegen § 39 Abs. 2 AktG sollte das genehmigte Kapital bei der Gründung gesondert angemeldet werden.
Rz. 1731
Voraussetzung für die Ermächtigung durch Satzungsänderung ist ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens ¾ des vertretenen Grundkapitals (§ 202 Abs. 2 Satz 2 AktG). Der Beschluss muss notariell beurkundet werden.
Rz. 1732
Inhaltlich muss der Hauptversammlungsbeschluss die Dauer der Ermächtigung des Vorstands konkret angeben. Die bloße Verweisung auf § 202 AktG genügt nicht. Fehlt eine Fristangabe oder überschreitet die Frist die Dauer von 5 Jahren, ist der Beschluss nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Der Ermächtigungsbeschluss muss den Nennbetrag des genehmigten Kapitals konkret beziffern. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Eintragung der Ermächtigung zur Schaffung genehmigten Kapitals, nicht aber schon der Zeitpunkt des Ermächtigungsbeschlusses. Eine bloße Prozentangabe – etwa i.H.v. 50 % des zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ermächtigung zur Schaffung genehmigten Kapitals – genügt grds. nicht. Max. darf das genehmigte Kapital die Hälfte des Grundkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, betragen (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG). Eine zeitgleich mit der Ermächtigung des genehmigten Kapitals eingetragene Durchführung einer regulären Kapitalerhöhung ist zu berücksichtigen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Eintragung des genehmigten Kapitals im Handelsregister. Ein etwa bereits bestehendes genehmigtes Kapital ist mitzurechnen, soweit dieses noch nicht ausgenutzt ist. Ein ggf. weiter bestehendes bedingtes Kapital zählt nicht dazu. Damit die Kapitalgrenzen nicht überschritten werden, kann zeitgleich mit der Errichtung eines neuen genehmigten Kapitals das bisher bestehende und noch nicht ausgenutzte genehmigte Kapital aufgehoben werden. Dies ist zulässig. Soll der Vorstand ermächtigt werden, eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen durchzuführen, ist dies nach § 205 Abs. 1 AktG besonders festzusetzen.
Rz. 1733
Gleiches gilt, wenn der Vorstand ermächtigt werden soll, das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen (§ 203 Abs. 2 AktG). Die Vorschriften über die Anrechnung bei einer verdeckten Sacheinlage und über das ordnungsgemäße Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs. 3 und Abs. 4 AktG), aber auch die Vorschriften über die erleichterte Sachgründung gelten entsprechend (§ 205 AktG).
Der Ermächtigungsbeschluss kann auch eine Zweckbestimmung für das genehmigte Kapital un...