Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 960
Die Bestellung und Abberufung des Aufsichtsrates erfolgt grds. durch die Hauptversammlung (§ 101 AktG). Die Satzung kann ein Entsenderecht begründen (§ 101 Abs. 2 AktG). Wahlvorschläge für die Hauptversammlung kann der Aufsichtsrat selbst nach § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG oder jeder Aktionär (§ 127 AktG), nicht aber der Vorstand machen (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG). Unter den Voraussetzungen des § 137 AktG ist über den Wahlvorschlag eines Aktionärs vor dem Vorschlag des Aufsichtsrates abzustimmen.
Für den Hauptversammlungsbeschluss genügt einfache Stimmenmehrheit. Die Satzung kann weitere Vorgaben machen, auch eine qualifizierte Mehrheit vorsehen.
Die Wahl der Aufsichtsräte erfolgt in Form einer Einzelwahl; auch eine Simultanwahl ist zulässig. Statthaft ist nach ebenso eine Block- oder Listenwahl, bei der mehrere Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind und bei der die Liste nur insgesamt angenommen oder abgelehnt werden kann.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Blockwahl ist eine entsprechende Satzungsregelung. Fehlt diese, ist ein Hinweis des Versammlungsleiters vor der Abstimmung erforderlich, dass Aktionäre, die bei der Listenwahl auch nur gegen einen der Vorgeschlagenen stimmen wollen, insgesamt gegen die Liste bzw. den Vorschlag stimmen müssen. Wird die Liste insgesamt abgelehnt, findet eine Einzelwahl statt. Allein der Widerspruch eines einzelnen Aktionärs gegen die Blockwahl erfordert nicht zwingend eine Einzelwahl. Vielmehr muss zunächst über den Geschäftsordnungsantrag "Blockabstimmung oder Einzelabstimmung" und erst danach über den eigentlichen Sachantrag in der entsprechenden Art und Weise abgestimmt werden.
Notwendig für die Bestellung zum Aufsichtsrat ist weiter die Annahme des Gewählten. Bis zur Annahme ist die Wahl schwebend unwirksam. Es gilt allgemeine Rechtsgeschäftslehre. Die Annahme kann nach der Wahl, aber auch schon vorher erfolgen.
Rz. 961
Ebenso können Aufsichtsratsmitglieder wieder abberufen werden. Aufsichtsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung gewählt worden sind, können nach § 103 Abs. 1 AktG jederzeit von der Hauptversammlung wieder abberufen werden. Ein wichtiger Grund muss nicht vorliegen. Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf mindestens einer Dreiviertel-Stimmenmehrheit. Die Satzung kann nach § 103 Abs. 1 Satz 2 AktG jedoch eine andere, auch geringere Mehrheit oder andere Erfordernisse aufstellen. Das Aufsichtsratsmandat endet damit nicht automatisch. Die Abberufungsentscheidung muss dem betroffenen Aufsichtsrat zugehen. Zuständig ist dafür der Vorstand. Unklar ist, ob wegen der Dreiviertel-Stimmenmehrheit der Abberufungsbeschluss wegen § 130 Abs. 1 Satz 3 AktG) beurkundungsbedürftig ist. Sicherheitshalber sollte der Beschluss beurkundet werden (s. Rdn 1265).
Entsandte Aufsichtsratsmitglieder werden durch den Entsendungsberechtigten abberufen (§ 103 Abs. 2 AktG). Soweit die Voraussetzungen für die Entsendung weggefallen sind, entscheidet über die Abberufung der entsandten Aufsichtsratsmitglieder die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit (§ 103 2 Satz 2 AktG).
Rz. 962
Ohne Beschluss der Hauptversammlung kann ein Aufsichtsratsmitglied durch gerichtlichen Beschluss auf Antrag des Aufsichtsrates abberufen werden (§ 103 Abs. 3 AktG). Es muss dafür ein wichtiger Grund vorliegen. Bei entsandten Aufsichtsratsmitgliedern kann auch eine Aktionärsminderheit von mind. 10 % oder einer anteiligen Beteiligung von mindestens 1 Mio. EUR Antrag auf gerichtliche Abberufung stellen (§ 103 Abs. 3 Satz 3 AktG).
Rz. 963
Scheidet ein Aufsichtsratsmitglied während der laufenden Amtsperiode aus, kann die Wahl von Ersatzaufsichtsratsmitgliedern vorgesehen werden (§§ 101 Abs. 3 Satz 2–4, 102 Abs. 2 AktG). Unklar ist, ob ein Ausscheiden nur gegeben ist, wenn ein Aufsichtsratsmitglied dauerhaft wegfällt, oder ob Gleiches gilt, wenn ein Aufsichtsratsmitglied sein Amt nicht mehr ausüben kann, und unklar ist, ob diese Verhinderung endgültig oder nur vorübergehend ist. Zur Sicherheit sollte dieses Aufsichtsratsmitglied zunächst nach § 103 Abs. 1 AktG durch die Hauptversammlung oder durch das Gericht (§ 103 Abs. 3 AktG) abberufen werden.
Rz. 964
Ersatzmitglieder können nur gleichzeitig mit dem eigentlichen Aufsichtsratsmitglied gewählt werden (§ 101 Abs. 3 Satz 3 AktG). Ihre Amtszeit endet nach § 102 Abs. 2 AktG mit Ablauf der Amtszeit des weggefallenen Aufsichtsratsmitglieds. Eine Stellvertretung von Aufsichtsratsmitgliedern ist unzulässig (§ 111 Abs. 5 AktG).
Rz. 965
In Ausnahmefällen kommt eine gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern in Betracht, wenn der Aufsichtsrat weniger Mitglieder hat, als für die Beschlussfähigkeit notwendig ist (§ 104 AktG). Notwendig ist ein Antrag des Vorstands, eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Aktionärs. Im Fall des § 104 Abs. 1 Satz 1 AktG, der ggü. § 104 Abs. 2 AktG spezielleren Vorschrift, ist auf Antrag des Vorstands der Aufsichtsrat ohne Bindung an die 3-monatige Frist und ohne das V...