Rz. 13
Der Dritte muss ein schutzwürdiges Interesse daran haben, aus dem Ausnahmecharakter der Schutzwirkung eines fremden Vertrages einen Schadensersatzanspruch abzuleiten. Dies ist nicht der Fall, wenn der Dritte aus eigenem Vertrag Ansprüche – etwa gegen einen der Partner des fremden Vertrages – hat, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben. Ebenso liegen eigene Ansprüche, die den Drittschutz ausschließen, vor, wenn der Dritte wegen der von ihm beanstandeten Beratungsfehler einen Schadensersatzanspruch ggü. der Gesellschaft hat, als deren Erfüllungsgehilfe der in Anspruch genommene Anwalt tätig geworden war. Rechtlich unerheblich ist allerdings, ob ein solcher Anspruch mangels finanzieller Leistungsfähigkeit des Verpflichteten möglicherweise von Anfang an nicht durchsetzbar ist. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bezweckt nicht die Absicherung des Risikos, dass die vertraglich verpflichtete Person zum Ersatz des Schadens finanziell nicht in der Lage ist. Insb. sollen die hierzu entwickelten Grundsätze dem Dritten nicht das Insolvenzrisiko seines Vertragspartners abnehmen. Auch hier wird das Bemühen der Rechtsprechung deutlich, den Anwendungsbereich des Rechtsinstituts einzuschränken.
Der Grundsatz, dass ein eigener inhaltsgleicher vertraglicher Anspruch einen Drittschutz hindert, gilt aber dann nicht, wenn der in den Vertrag einbezogene Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts nur über einen inhaltsgleichen sekundären Schadensersatzanspruch verfügt. In diesem Fall kommt nur eine gesamtschuldnerische Haftung der aus mehreren Verträgen mit Schutzwirkung verantwortlichen Anspruchsgegner entsprechend der Haftung mehrerer Schädiger als Gesamtschuldner in Betracht. Ein Verweis des geschützten Dritten auf den jeweils anderen Schädiger, der gleichstufig haftet, scheidet aus, weil andernfalls der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in einer derartigen Fallgestaltung trotz Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen leerliefe. Die aufgrund der Schutzwirkung jeweils haftenden Schädiger könnten sich dem sekundären Schadensersatzanspruch des Geschädigten entledigen, indem sie auf den jeweils anderen verwiesen. Obwohl beide die drittschützenden Pflichten aus einem Beratervertrag verletzt hätten, könnten sie sich allein aufgrund des Umstandes, dass der in den Schutzbereich einbezogene Dritte doppelt oder sogar mehrfach geschädigt ist, ihrer Haftung entziehen. Eine solche Sichtweise würde dem aus der ergänzenden Vertragsauslegung und dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Zweck des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter widersprechen.
Einem Kapitalanleger kann gegen einen Wirtschaftsprüfer neben einem (hier verjährten) Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung auch ein solcher Anspruch aus einem Gutachtenvertrag zustehen, den die Anlagegesellschaft mit dem Wirtschaftsprüfer über die Prüfung und Bestätigung von Prospektangaben geschlossen hat und der Schutzwirkung zugunsten des Anlegers hat (Konkurrenz der Ansprüche aus Prospekt- und Expertenhaftung; vgl. § 14 Rdn 1 ff.); einem solchen Anspruch ist ein Anspruch aus Prospekthaftung nicht gleichwertig, sodass der Dritte schutzbedürftig ist.