Rz. 62
Selten setzen die Miterben den Nachlass auf einmal vollständig auseinander. Auch ohne dass sie ausdrücklich oder stillschweigend einen Aufschub der Auseinandersetzung vereinbaren, erfolgen häufig sachliche Teilauseinandersetzungen: Erst verteilen sie das Bargeld. Dann wird die Wohnung des Erblassers aufgelöst, sie begleichen Schulden etc.
Rz. 63
Erfolgt z.B. erst einmal eine Teilauseinandersetzung hinsichtlich des Bargeldes und der Sparkonten und ist man sich z.B. noch nicht einig, welcher der Miterben welches Grundstück erhält, taucht folgende Frage auf: Können Eltern mehrere minderjährige Kinder bei dieser sachlichen Teilauseinandersetzung vertreten, weil diese nach den Regeln des Gesetzes (§§ 2038, 752 BGB) erfolgt (siehe Rdn 40 ff.), oder stehen dem §§ 181, 1629 Abs. 2 S. 1, 1824 BGB, also das Verbot der Mehrfachvertretung, entgegen, weil ja die nächste Teilauseinandersetzung bezüglich der Grundstücke und hinsichtlich des Restnachlasses nicht mehr nach den gesetzlichen Regeln erfolgen soll?
Rz. 64
Die Rechtsprechung greift hier den Rechtsgedanken des § 139 BGB auf, und fragt, ob es sich um ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft oder um mehrere selbstständige Geschäfte handelt. Ob das eine oder das andere vorliegt, dafür ist nach ständiger Rechtsprechung der Wille der Beteiligten maßgeblich. Im vorgenannten Beispiel wollen die Miterben die Erbteilung in mehreren Schritten vornehmen, ihnen fehlt der Einheitlichkeitswille. Es handelt sich daher um verschiedene Verträge, die unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen. § 181 BGB ist daher auf einen Teilauseinandersetzungsvertrag, der die gesetzlichen Teilungsregeln (siehe Rdn 40 ff.) oder die Teilungsanordnungen (siehe Rdn 52 ff.) des Erblassers befolgt, nicht anwendbar.
Rz. 65
Ein nächster Teilauseinandersetzungsvertrag, der nach dem obigen Beispiel auf dem Vertragswillen der Miterben beruht, der z.B. die Grundstücke auf die einzelnen Miterben verteilt, unterliegt den Regeln, wie sie oben für vertragliche Auseinandersetzungsvereinbarungen (siehe Rdn 57 ff.) geschildert wurden.
Rz. 66
Umstritten sind die Fälle, in denen man beschließt, Nachlassgegenstände zu verkaufen. Hier kann man davon ausgehen, dass man den Erlös zur Bezahlung von Nachlassverbindlichkeiten braucht oder dass man ihn unter den Miterben aufteilt oder dass man nur erst einmal die Gelegenheit zu einem günstigen Verkauf wahrnimmt, um später darüber nachzudenken, wann was mit dem Erlös geschehen soll.
Rz. 67
Ist von vornherein die Aufteilung des Verkaufserlöses geplant, wird er z.B. im notariellen Vertrag bereits auf die Miterben verteilt, wird Folgendes vertreten:
Beim Verkauf wie bei der Übereignung von Nachlassgegenständen stünden Elternteile und deren Kinder als Miterben auf derselben Seite, der Verkäufer- bzw. Veräußererseite, so dass § 181 BGB nicht anwendbar sei. Es bedürfe keiner Bestellung eines Ergänzungspflegers, § 1809 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Verträge würden nicht zwischen Eltern und Kind geschlossen. Vielmehr richteten die Erklärungen der Minderjährigen sich gleichgerichtet gegen die Käuferseite. Die Absprache unter den Miterben, dass man den Verkaufserlös aufteilen wolle, sei Motiv für den Verkauf, sei aber kein selbstständiger Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag. Die Absprache der Miterben, den Erlös zu teilen, und der Verkauf seien kein einheitlicher Vertrag, da verschiedene Personen (bei der Absprache die Erben, bei dem Verkauf die Erben und der Käufer) beteiligt seien.
Die Aufteilung der künftigen Kaufpreisforderung entspreche den Regeln des Gesetzes. Von daher sei es belanglos, ob von vornherein die Aufteilung des Kaufpreises erfolge oder ob sie nachträglich beschlossen und vorgenommen werde. Es handele sich um den Verkauf eines Nachlassgegenstandes nebst Teilauseinandersetzung (des Erlöses) nach den gesetzlichen Regeln, weil Geld – ebenso wie eine Geldforderung – naturaliter teilbar ist. Es schade nicht, dass bei der Aufteilung nach dem Gesetz Eltern und Kinder, wenn sie alle Miterben und Verkäufer seien, keine gleichgerichteten Willenserklärungen abgeben würden, da es in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung geschehe, § 181 BGB.
Rz. 68
M.E. gilt jedoch Folgendes: Ein Miterbe kann nicht über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen verfügen, § 2033 Abs. 2 BGB. Die Verfügung muss vielmehr nach § 2040 Abs. 1 BGB eine gemeinschaftliche sein. Wenn sich in einem Vertrag der Miterben über die Veräußerung eines Nachlassgegenstandes jeder Miterbe von dem Erwerber als Entgelt den auf ihn entfallenden Teil des Gesamtpreises versprechen lässt, muss einem solchen Vertrag eine wenn auch nur stillschweigende Einigung unter den Miterben selbst zugrunde liegen. Denn der Vertrag kann nur zustande kommen, wenn jeder Miterbe damit einverstanden ist, dass das nach § 2041 BGB im Wege der dinglichen Surrogation wieder zum Nachlass gehörende Entgelt an die einzelnen ihren Erbanteilen entsprechend verteilt wird. Da der Kaufpreis aus der gesamthän...