Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 67
Zum Ehescheidungsverfahren (Hauptsache) können sonstige Familiensachen in den so genannten Scheidungsverbund mit einbezogen werden. Dies ergibt sich aus § 137 Abs. 1 S. 1 FamFG. Diese anderen Familiensachen werden damit zu Folgesachen, über die zusammen mit dem Scheidungsantrag durch einen einheitlichen Beschluss entschieden wird (§ 142 Abs. 1 FamFG). Es handelt sich dabei um Unterhaltssachen, Ehewohnungssachen, Haushaltssachen, Güterrechtssachen und Kindschaftssachen. Voraussetzung ist, dass diese Sachen spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem der Ehegatten anhängig gemacht werden. Bei Kindschaftssachen ist der Antrag sogar bis vor Schluss der mündlichen Verhandlung zulässig (§ 137 Abs. 3 FamFG). Für den Versorgungsausgleich ist kein Antrag notwendig, da er im Zwangsverbund zusammen mit der Ehesache verhandelt und entschieden wird (§ 137 Abs. 2 S. 2 FamFG).
Werden entsprechende Anträge erst nach der letzten mündlichen Verhandlung gestellt, so müssen die entsprechenden Ansprüche in selbstständigen Verfahren in Familiensachen geltend gemacht werden (§ 137 Abs. 1 S. 1 FamFG).
Merke:
Im Scheidungsverbund wird über die Ehescheidung und über die rechtzeitig beantragten Folgesachen gleichzeitig verhandelt und durch einheitlichen Beschluss entschieden.
Der Versorgungsausgleich wird im Zwangsverbund verhandelt und entschieden.
Rz. 68
Die Scheidungssache und die mit ihr geltend gemachten Folgesachen gelten im Verbund zusammen als eine Angelegenheit (§ 44 Abs. 1 FamGKG). Dies gilt nach § 16 Ziff. 4 RVG auch für die Gebühren des RA.
Im Scheidungsverbund dürfen also die Anwaltsgebühren insgesamt nur einmal für die gesamte Scheidungsangelegenheit aus den zusammengerechneten Werten der einzelnen Verfahrenswerte berechnet werden (§§ 16 Ziff. 4, 22 Abs. 1 RVG, § 44 Abs. 2 S. 1 und 2 FamGKG).
Die Gebühren des Rechtsanwalts für das Verfahren richten sich nach den Nummern 3100 ff. VV RVG. Im Normalfall wird der RA für das Verfahren im Verbund eine Verfahrensgebühr und eine Terminsgebühr sowie gegebenenfalls zusätzlich eine Aussöhnungsgebühr in der Ehesache oder für einen Vergleich über Folgesachen eine Einigungsgebühr erhalten.
Die in der Regel entstehenden Gebühren des RA sind oben unter Rdn 58 ff. im Einzelnen beschrieben; sehen Sie bitte auch dort nach.
Sie müssen sich noch einmal in Erinnerung rufen, dass in der Ehesache selbst (Scheidung) ein Vergleich der Eheleute nicht möglich ist; hier kann dem RA aber eine
Rz. 69
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Aussöhnungsgebühr (Nrn. 1001, 1003 VV RVG) bei anhängiger Scheidungssache in Höhe von 1,0 erwachsen (siehe dazu Rdn 58 ff.). Wird jedoch im Rahmen des Scheidungsverbundes ein Vergleich über Folgesachen geschlossen, dann kann eine |
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Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV RVG) entstehen. Beachten Sie, dass die Einigungsgebühr immer zusätzlich zu einer anderen Gebühr (zumindest zur Verfahrensgebühr) erwächst. Denken Sie bei der Feststellung des Vergleichswertes auch immer an den Grundsatz: Vergleichswert ist, worüber, nicht worauf man sich vergleicht! Bei Vergleichsabschluss innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens über den Gegenstand dieses Verfahrens entsteht die Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 i. V. m. Nr. 1003 VV RVG nur in Höhe von 1,0 (vgl. § 2 Rdn 166 ff.). Bei der Berechnung der Einigungsgebühr bleibt jedoch der Wert der Ehesache gemäß Nr. 1000 Anm. Abs. 5 S. 2 VV RVG außer Betracht. In den Vergleichswert darf also nur der Wert der Folgesachen, die Gegenstand der Einigung sind, einbezogen werden. Bei gerichtlicher Protokollierung eines Vergleichs über rechtshängige Folgesachen unter Miteinbeziehung einer vorher nicht rechtshängigen Sache erhält der RA zusätzlich zur 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) eine 0,8 Differenzverfahrensgebühr (Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG) nach dem Wert der mit verglichenen nicht rechtshängigen Ansprüche, wobei § 15 Abs. 3 RVG zu beachten ist (siehe auch § 7 Rdn 28 ff.) Die Einigungsgebühr für den Vergleich über die nicht rechtshängigen Gegenstände wird nach Nr. 1000 VV RVG mit einem Gebührensatz von 1,5 berechnet. Wenn für rechtshängige Gegenstände eine Einigungsgebühr in Höhe von 1,0 entsteht und gleichzeitig für die nicht rechtshängigen Gegenstände eine solche in Höhe von 1,5, so ist auch wegen der beiden Einigungsgebühren eine Überprüfung nach § 15 Abs. 3 RVG vorzunehmen! Siehe § 2 Rdn 135 f. Die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) entsteht in diesen Fällen meistens nach dem Gesamtwert der anhängigen und der nicht anhängigen Gegenstände. Hinsichtlich der anhängigen Gegenstände erwächst sie, weil im gerichtlichen Termin darüber verhandelt wird. Bezüglich der nicht anhängigen Gegenstände fällt sie als "Differenzterminsgebühr" an, wenn und weil über diese Gegenstände – um sie in die Einigung mit einzubeziehen – außergerichtliche Besprechungen der Parteien geführt worden sind oder weil sie auch in dem gerichtlichen Termin erörtert worden sind (Vorbemerkung 3, Abs. 3 VV RVG). Falls es sich um in diesem Verfahren nicht anhängige G... |