Rz. 73

Beschwerden gegen Entscheidungen betreffend den Hauptgegenstand in Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nach § 57 S. 2 FamFG nur zulässig in Verfahren

über die Unterbringung eines minderjährigen Kindes gem. § 151 Nr. 6 und 7 FamFG,
über die elterliche Sorge für ein Kind,
über die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil,
über einen Antrag auf Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson,
über einen Antrag nach den §§ 1 und 2 GewSchG und
in einer Ehewohnungssache über einen Antrag auf Zuweisung der Wohnung.

Voraussetzung ist ferner, dass das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat.

 

Rz. 74

Die Vergütung richtet sich nach den Vorschriften der Berufung (Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b) VV), also nach Teil 3 Abschnitt 2 VV, und nicht nach Teil 3 Abschnitt 5 VV, also den Nrn. 3500 ff. VV, da es sich auch insoweit um eine Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands handelt.

 

Rz. 75

Wird in Verfahren außerhalb des Katalogs des § 57 S. 2 FamFG gegen eine einstweilige Anordnung Beschwerde erhoben, ist dies zwar unstatthaft, ändert aber nichts daran, dass auch hier die Gebühren nach den Nrn. 3200 ff. VV anfallen. Der Anwalt des Antragstellers wird diese aber wohl wegen Anwaltsverschuldens nicht geltend machen können. Der Anwalt des Antragsgegners dürfte aber wohl ordnungsgemäß abrechnen dürfen.

 

Rz. 76

Für das Betreiben des Geschäfts erhält der Anwalt eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV, die sich unter den Voraussetzungen der Nr. 3201 VV auf 1,1 ermäßigt.

 

Beispiel 60: Beschwerde gegen einstweilige Anordnung zur Ehewohnung ohne mündliche Verhandlung

Gegen die aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Antragsabweisung im Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung legt der Antragsteller Beschwerde ein, über die das OLG ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Der Verfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Im Beschwerdeverfahren erhält der Anwalt eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV (Vorbem. 3.2.1. Nr. 2 Buchst b) VV).

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   184,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 204,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   38,76 EUR
Gesamt   242,76 EUR
 

Rz. 77

Kommt es zu einem Termin i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV, entsteht eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV. Eine Ermäßigung nach Nr. 3203 VV ist nicht möglich, da Versäumnisentscheidungen auch im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen sind.

 

Beispiel 61: Beschwerde gegen einstweilige Anordnung zur Ehewohnung mit mündlicher Verhandlung

Gegen die aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Antragsabweisung im Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung legt der Antragsteller Beschwerde ein, über die das OLG nach mündlicher Verhandlung entscheidet. Der Verfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Der Anwalt erhält eine 1,6-Verfahrensgebühren nach Nr. 3200 VV sowie eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV (Vorbem. 3.2.1. Nr. 2 Buchst b) VV).

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   184,00 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   138,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 342,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   64,98 EUR
Gesamt   406,98 EUR
 

Rz. 78

Eine Terminsgebühr bei Entscheidung im schriftlichen Verfahren oder bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs (Anm. zu Nr. 3202 i.V.m. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV) kommt nicht in Betracht, da eine mündliche Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht vorgeschrieben ist.

 

Rz. 79

Kommt es zu einer Einigung im Beschwerdeverfahren, so entsteht eine 1,3-Einigungsgebühr (Anm. zu Nr. 1004 VV).

 

Beispiel 62: Beschwerde gegen einstweilige Anordnung zur Ehewohnung mit mündlicher Verhandlung und Einigung

Gegen die aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Antragsabweisung im Verfahren auf Überlassung der Ehewohnung legt der Antragsteller Beschwerde ein, über die im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem OLG eine Einigung erzielt wird. Der Wert des Verfahrens wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Der Anwalt erhält neben der 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV und der 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV (Vorbem. 3.2.1. Nr. 2 Buchst b) VV) auch eine 1,3-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1004 VV (Anm. Abs. 1 zu Nr. 1004 VV).

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   184,00 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   138,00 EUR
3. 1,3-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1004 VV   149,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 491,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   93,39 EUR
Gesamt   584,89 EUR
 

Rz. 80

Wird im Beschwerdeverfahren auch eine Einigung zur Hauptsache getroffen, ist vom Prinzip her abzurechnen wie in erster Instanz, allerdings mit der Maßgabe höherer Verfahrensgebühren und einer höheren Einigungsgebühr aus dem Wert des einstweiligen Anordnungsverfahrens.

 

Beispiel 63: Beschwerde gegen einstweilige Anordnung zur Ehewohnung mit mündlicher Verhandlung und Einigung auch über nicht anhängige Hauptsache

Gegen die aufgrund mündlicher Verh...

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