Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 98
Der Haftpflichtversicherer gewährt Versicherungsschutz für Personen- und Sachschäden. Hierzu gehören auch die unmittelbar oder mittelbar hierdurch hervorgerufenen (sog. unechten) Vermögensschäden. Reine Vermögensschäden sind dagegen nach Ziff. 2.1 AHB gesondert zu versichern. Für den Umfang der Leistung des Versicherers bilden die im Versicherungsschein angegebenen Versicherungssummen die Höchstgrenze bei jedem Schadenereignis. Möglich ist auch die Vereinbarung eines bestimmten Selbstbehaltes je Schadenereignis (Ziff. 6.4 AHB). Große Krankenhauskonzerne vereinbaren zur Minderung des Versicherungsprämienvolumens teils hohe Selbstbehalte von mehr als 10.000 EUR bis 1 Mio. EUR.
1. Personenschäden
Rz. 99
Personenschäden stellen bei der ärztlichen Tätigkeit naturgemäß das Hauptschadensrisiko dar. Der Versicherungsschutz erstreckt sich nach Ziff. 1.1 AHB auf Schadenereignisse, die den Tod, die Verletzung oder die Gesundheitsbeschädigung von Menschen zur Folge haben. Die Gesundheitsbeschädigung kann nicht nur in einer physischen, sondern auch in einer psychischen Beeinträchtigung bestehen. In Betracht kommt z.B. ein Schmerzensgeldanspruch eines Patienten, der eine Zeit lang mit der fehlerhaften Diagnose einer Krebserkrankung oder HIV-Infektion leben muss. Ausgeschlossen sind nach Ziff. 7.18. AHB Haftpflichtansprüche wegen Personenschäden, die aus der Übertragung einer Krankheit des Versicherungsnehmers entstehen. Unterhaltsansprüche wegen ungewollter Schwangerschaft oder unterbliebenen Schwangerschaftsabbruchs sind reine Vermögensschäden und müssen nach Ziff. 2.1 AHB gesondert versichert werden (siehe Rdn 89).
Rz. 100
Die Spannbreite der zzt. üblichen Deckungssummen für niedergelassene Ärzte beträgt je Schadenfall für Personen- und Sachschäden zwischen 2 und 5 Mio. EUR. Sofern die ärztliche Geburtshilfe mitversichert wird, ist der Abschluss einer höheren Deckungssumme geboten. Derzeit reichen die Deckungssummen bis 20 Mio. EUR. Bei üblicher Risikoabschätzung kann heute eine Deckungssumme unter 5 Mio. EUR grundsätzlich nicht empfohlen werden.
Rz. 101
Die Beitragssummen variieren je nach Tätigkeitsgebiet des Arztes stark. So bietet ein Versicherer Berufshaftpflichtversicherungen bei dreijähriger Laufzeit und einer Deckungssumme von pauschal 2 Mio. EUR für Personen- und Sachschäden – was bereits bedenklich niedrig erscheint – sowie 100.000 EUR für Vermögensschäden zu Jahresprämien zwischen 270 EUR für Zahnärzte und ca. 3.000 EUR für niedergelassene, ambulant auch mit Vollnarkose operierende Chirurgen an. Angebote für Ärzte mit Belegbetten sind nur auf Anfrage erhältlich – ein Indiz für das höhere Schadensrisiko für Belegärzte. Für Berufsanfänger bestehen bei einzelnen Versicherern vergünstigte Sondertarife.
2. Sachschäden
Rz. 102
Schäden durch die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen werden i.d.R. mit 100.000 EUR versichert (1.3.6 (3) BBR). Ist der durch die Einwirkung entstandene Sachschaden ausgeschlossen, dann ist auch der Folge-Sachschaden nicht gedeckt. Das Abhandenkommen von Patienteneigentum stellt einen reinen Vermögensschaden dar, der gesondert zu versichern ist (siehe Rdn 103). Die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von gemieteten oder gepachteten Sachen, z.B. Praxisräumen oder technischen Geräten, muss wegen des Ausschlusses in Ziff. 7.6 AHB ausdrücklich mitversichert werden.
Im Hinblick auf Schäden an medizinischen Apparaten kann auch eine Sachversicherung abgeschlossen werden, z.B. eine Elektronikversicherung, die den Schaden ersetzt. Der Vorteil einer Sachversicherung gegenüber einer Haftpflichtversicherung zeigt sich darin, dass die Sachversicherung den Neuwert, der Haftpflichtversicherer aber nur den Zeitwert ersetzt.
3. Reine Vermögensschäden
Rz. 103
Reine Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind, sind nach Ziff. 2.1 AHB gesondert zu versichern. Zusätzlich versicherbar ist z.B. das Abhandenkommen von Sachen, die Patienten und ihre Begleiter in die Praxis oder in das Krankenhaus eingebracht haben. Ausdrücklich ausgeschlossen sind regelmäßig Haftpflichtansprüche wegen Vermögensschäden z.B. durch Immissionen oder durch beratende Tätigkeit. Die übliche Versicherungssumme je Schadenereignis beträgt bei Vermögensschäden 100.000 EUR, bei doppelter Maximierung (1.3.6 (3) BBR).
Rz. 104
Für Haftpflichtansprüche, bei denen es sich um Unterhaltsansprüche gegen den Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Arzt wegen ungewollter Schwangerschaft bzw. wegen unterbliebenen Schwangerschaftsabbruches handelt, besteht laut BBR Versicherungsschutz nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungssumme für Personenschäden (1.3.5 BBR). Anlass für diese Regelung war die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Geburtsschäden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH besteht für den Unterhaltsanspruch eines ungewollt geborenen Kindes eine Ersatzpflicht des Arztes bzw. Krankenhausträgers. Die Ersatzpflicht besteht b...