Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 168
Bei der Deckung des Arzthaftpflichtrisikos können sich Probleme ergeben, wenn mehrere Versicherer an der Deckung beteiligt sind. Dabei sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden. Zum einen kann es so sein, dass das Arzthaftpflichtrisiko eines Arztes oder Krankenhausträgers durch mehrere Versicherer im Rahmen einer Mitversicherung, Nebenversicherung oder Doppelversicherung gedeckt ist. In diesen wiederum untereinander unterschiedlichen Fällen taucht die Frage auf, welcher Versicherer führend ist, wie die Beteiligung der Versicherer zu bewerten ist und ob und inwieweit Zahlungsansprüche untereinander geltend gemacht werden können.
Zum zweiten können sich in einem Haftpflichtprozess Ansprüche nicht nur gegen einen Beteiligten, sondern gegen mehrere Beteiligte richten, beispielsweise gegen Belegarzt, Hebamme und Belegkrankenhaus. Befriedigt nun ein Versicherer eines verurteilten Beteiligten den Geschädigten, entsteht die Frage des Regresses aufgrund übergegangenen Rechts.
1. Mehrfachversicherung
Rz. 169
Im Rahmen der Mehrfachversicherung sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden. Mitversicherung (1.) ist die Versicherung ein und desselben Risikos gegen dieselbe Gefahr durch mehrere Versicherer, die im Einverständnis miteinander handeln, wobei jeder Versicherer das Risiko nur zum Teil übernimmt. Im Bereich der Schadensversicherung wird die Mitversicherung vor allem bei Großrisiken vereinbart, in der eigentlichen Arzthaftpflichtversicherung wird hiervon nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht. Es gibt (2.) auch den Zusammenschluss von Versicherern in Form eines Versicherungspools, also einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In diesem Fall schließt jeder Versicherer seine Versicherungsverträge allein mit den Versicherungsnehmern ab und bringt seine Versicherungsgeschäfte ganz oder teilweise in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein, die sie intern nach einem vereinbarten Schlüssel unter die Mitglieder des Pools verteilt. Ein Beispiel ist der bei der Münchner Rück gebildete "Probanden-Cover" für die Probandenversicherung nach den AMG und MPG.
Rz. 170
Von der Mitversicherung ist die Nebenversicherung (3.) zu unterscheiden, die in §§ 77 ff. VVG n.F. geregelt ist. Nebenversicherung liegt vor, wenn für dieselbe Gefahr nebeneinander mehrere Versicherungsverträge mit mehreren Versicherern geschlossen werden, die nicht einverständlich zusammenwirken. Als Doppelversicherung wird eine Nebenversicherung bezeichnet, bei der Überdeckung besteht, weil die Gesamtsumme der nach den einzelnen Verträgen zu zahlenden Entschädigungen den Gesamtschaden übersteigen würde. Die Mehrfachversicherung setzt also voraus, dass dasselbe Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Versicherern gleichzeitig versichert ist. Liegt eine Überschneidung in Teilbereichen vor, so ist nur in diesen Teilbereichen von einer Mehrfachversicherung auszugehen (hierzu auch in diesem Buch, siehe § 1 Rdn 148 ff.). Im Rahmen der Arzthaftpflichtversicherung kommt es häufig vor, dass der Arzt zum einen in die Betriebshaftpflichtversicherung des Krankenhauses als mitversicherte Person eingeschlossen ist, zum anderen aber auch noch eine zusätzliche Arzthaftpflichtversicherung unterhält. Hier entsteht die Frage, ob eine einfache Mehrfachversicherung vorliegt und die verschiedenen Versicherer gesamtschuldnerisch (anteilmäßig) haften, wobei der Schaden die Obergrenze bildet (§ 78 Abs. 1 VVG) und im Falle, dass der eine Versicherer leistet, dieser einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen Versicherer erwirbt, oder ob es sich um verschiedene Versicherungen handelt, weil sie nicht dasselbe Interesse decken.
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Das OLG Frankfurt a.M. hat in einem Fall, in dem ein Arzt in zwei verschiedenen Behandlungsabschnitten fehlerhaft handelte und die verschiedenen Behandlungsabschnitte bei unterschiedlichen Versicherern gedeckt waren, eine Doppelversicherung nach § 59 Abs. 1 VVG angenommen und eine hälftige Ausgleichspflicht nach § 59 Abs. 2 VVG a.F. bejaht. Im konkreten Fall trat die Pflichtverletzung als Belegarzt zu der zuvor begangenen Pflichtverletzung als niedergelassener Arzt hinzu. Nach Auffassung des OLG Frankfurt a.M. überschneiden sich die Identität des versicherten Interesses und des versicherten Risikos bezüglich der beiden Versicherer in Teilbereichen, was für die Anwendung von § 59 Abs. 1 VVG ausreichend ist. |
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Der Entscheidung des LG Köln lag der Fall zugrunde, dass der Chefarzt eines Krankenhauses im Rahmen seiner ambulanten Tätigkeit aufgrund Ermächtigung einen schuldhaften Diagnosefehler beging, und im Rahmen der späteren Operation nach stationärer Aufnahme von demselben Chefarzt ein Behandlungsfehler begangen wurde. Eine erneute Diagnostik, die geboten war, wurde nicht veranlasst. Der Betriebshaftpflichtversicherer des Krankenhauses einigte sich mit der Patientin auf einen Abfindungsbetrag und begehrte hälftigen Ausgleich von dem Haftpflichtversicherer, der die ambulante Tätigkeit des Chefarztes absicherte. Das Gericht hat eine einen Ausgleic... |