Rz. 355

Die Übertragung von Erbanteilen kann auch die Nachlassauseinandersetzung – oder zumindest die teilweise Nachlassauseinandersetzung – bezwecken, wenn die Erbanteile auf einen oder mehrere Miterben übertragen werden. Nach diesseitiger Ansicht ist keine Nachlassauseinandersetzung anzunehmen, wenn ein Außenstehender alle Erbteile aufkauft. Wenn sich alle Anteile in der Hand eines Miterben vereinen, so endet die Erbengemeinschaft.[56]

Nur wenn alle Anteile sich in einer Hand vereinen, qualifiziert man die Vereinbarung zu den Erbteilsübertragungen als Nachlassauseinandersetzung (vgl. § 2042 BGB).

Wenn die Erbteilsübertragung von Seiten eines oder mehrerer Miterben eine Teilauseinandersetzung bezweckt (es soll die Zahl der Miterben verringert werden) und auch die Abfindung aus dem Nachlass geleistet wird, so sieht man dies hingegen als Erbschaftskauf an (siehe Rdn 256).[57]

 

Rz. 356

Der Erbteilsübertragung zwecks vollständiger Nachlassauseinandersetzung liegt eine Vereinbarung aller Miterben darüber zugrunde, dass alle Miterben ihren Erbteil übertragen. Da es sich nach h.M. nicht nur um eine Anzahl bloßer Erbteilskaufverträge handelt, soll die Vereinbarung formfrei sein,[58] es sei denn, es werden als Abfindung z.B. Grundstücke übertragen, dann muss der gesamte Vertrag gemäß § 311b Abs. 1 BGB beurkundet werden. §§ 2353, 2385 BGB sind also nicht anwendbar.

Wegen dieser Vereinbarung der Miterben untereinander müssen §§ 181 und 1795 BGB beachtet werden. Vertreten also z.B. Eltern mehrere Kinder oder sind sie auch selbst Miterben, so muss für jedes Kind ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) bestellt werden.

Als Nachlassauseinandersetzung bedarf der Vertrag, wenn Eltern ihre Kinder vertreten, nicht der familiengerichtlichen Genehmigung nach §§ 1643, 1822 Nr. 2 BGB. Allerdings ist hinsichtlich der Verpflichtung der Minderjährigen, ihren Erbanteil zu übertragen, § 1822 Nr. 1 BGB einschlägig. Vertreten Ergänzungspfleger Kinder, so bedarf es zusätzlich der Genehmigung nach §§ 1915, 1822 Nr. 2 BGB. Auch ist z.B. bei der Verpflichtung z.B. zur Grundstücksübertragung als Abfindung § 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB) zu beachten

 

Rz. 357

Der Vollzug der Vereinbarung über die Nachlassauseinandersetzung bestimmt sich hinsichtlich der Erbteile nach § 2033 BGB. Die Erbteilsübertragungen sind genehmigungsbedürftig nach § 1822 Nr. 1 BGB.

Hinsichtlich der Gegenleistungen, wenn sie aus dem Nachlass erbracht wird, ist zu berücksichtigen, dass an den Nachlassgegenständen die Miterben (bis zur Erbteilsübertragung) gesamthänderische Miteigentümer sind. Auf die einzelnen Miterben sind die ihnen zukommenden Gegenstände zu Alleineigentum bzw. zur alleinigen Inhaberschaft übertragen werden (Grundstücke nach §§ 873, 925 BGB, bewegliche Sachen nach § 929 BGB usw.). Dabei treten alle Miterben auf der gebenden Seite und jeder einzelne Miterbe auf der nehmenden Seite auf. Da es sich um die Erfüllung des Auseinandersetzungsvertrags handelt, stehen §§ 1795, 181 BGB der Mehrvertretung durch Eltern oder Pfleger nicht im Wege. Hinsichtlich der Übertragung der Gegenstände von der gesamthänderischen Bindung auf die einzelnen Miterben zu alleinigen Rechtsinhabern ist insbesondere § 1821 BGB zu beachten.

Sind Ergänzungspfleger für das Grundgeschäft, den Auseinandersetzungsvertrag bestellt, so wird sich deren Bestellung in aller Regel auch auf die Erfüllungsgeschäfte erstrecken.

[56] Vergleiche Reimann, ZEV 1998, 213.
[57] Vgl. MüKo/Ann, BGB, 7. Aufl., § 2042 Rn 14; Eberl-Borges, Die Erbauseinandersetzung, 2000, S. 136.
[58] RG WarnR 1909 Nr. 512; Zunft JZ 1956, 550; Patschke, NJW 1955, 444.

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