Rz. 222

Dies ist die Normsituation des § 2305 BGB. Diese Vorschrift gibt dem Pflichtteilsberechtigten eine (schuldrechtliche) Geldforderung, die der Höhe nach auf die Differenz zwischen dem zugewandten Erbteil und dem vollem Pflichtteil (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB) begrenzt ist.[416] Dies ist der sog. Pflichtteilsrestanspruch oder Zusatzpflichtteil.

 

Beispiel

Der Erblasser setzt seinen Ehegatten, mit dem er in Gütertrennung lebt, und seinen Sohn S zu je 1/12 als Erben ein. Sein anderes einziges Kind T beruft er zu 5/6 als Erben. Der Pflichtteil des Ehegatten und des S beträgt allerdings je 1/6 (§§ 1931 Abs. 4, 2303 BGB). Demnach haben beide jeweils noch einen Pflichtteilsrestanspruch in Höhe von 1/12.

 

Rz. 223

Schlägt der Erbe die Erbschaft aus, so verliert er grundsätzlich (Ausnahme: Zugewinngemeinschaft) den ihm hinterlassenen Erbteil,[417] da er ja insoweit nicht enterbt war. Er behält allerdings den Pflichtteilsrestanspruch (den Differenzanspruch, der nicht ausschlagungsabhängig ist).[418] Wer in Unkenntnis dieser Rechtslage ausgeschlagen hat, weil er glaubte, nur so den Pflichtteil zu erlangen, kann nach wohl h.M. die Ausschlagungserklärung nicht anfechten.[419] Es handelt sich um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum.

Sonderfälle:

Bei der Vergleichsberechnung (hinterlassener Erbteil/Hälfte des gesetzlichen Erbteils) sind Anrechnungs- und Ausgleichungspflichten (§§ 2315, 2316 BGB) zu beachten.[420]
Bei Zugewinngemeinschaft unter Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern gilt: Nimmt der überlebende Ehegatte/Lebenspartner die Erbschaft an, so bestimmt sich die Höhe seines Pflichtteilsrestanspruchs nach dem erhöhten gesetzlichen Erbteil (§§ 1931 Abs. 1, 1371 Abs. 1 BGB, § 6 S. 2 LPartG). Schlägt der überlebende Ehegatte/Lebenspartner aus, kann er wegen der Sonderregelung des § 1371 Abs. 3 BGB trotz Ausschlagung seinen Pflichtteil verlangen, allerdings berechnet nur aus dem nicht erhöhten Erbteil des § 1931 Abs. 1 BGB.[421]
[416] Palandt/Weidlich, § 2305 Rn 1.
[417] Palandt/Weidlich, § 2305 Rn 5; MüKo-BGB/Lange, § 2305 Rn 9; Damrau/Tanck/Riedel, § 2305 Rn 7.
[418] BGH NJW 1973, 995, 996; RGZ 93, 3, 9; OLG Hamm OLGZ 1982, 41, 47; Damrau/Tanck/Riedel, § 2305 Rn 7; a.A. wohl MüKo-BGB/Lange, § 2305 Rn 9, mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH zu § 2306 Abs. 1 BGB a.F.
[419] MüKo-BGB/Lange, § 2305 Rn 4; Soergel/Dieckmann, § 2305 Rn 3; a.A. OLG Hamm OLGZ 1982, 41, 49.
[420] Eingehend dazu siehe § 4 Rn 9 ff.
[421] MüKo-BGB/Lange, § 2305 Rn 11 f.; Damrau/Tanck/Riedel, § 2305 Rn 13.

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