Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 655
Die Familienstiftung ist der Prototyp der privatnützigen Stiftung. Dabei ist allerdings weder die privatnützige Stiftung im Allgemeinen noch die Familienstiftung im Speziellen eine besondere Rechtsform der Stiftung, sondern eine Anwendungsform. Das Charakteristikum der Familienstiftung, das sie von anderen Stiftungen unterscheidet, liegt in ihrem familiären Bezug.
Rz. 656
Die Familienstiftung kann in einzelnen Konstellationen ein interessantes Instrument der Unternehmensnachfolge sein. So können die Familienmitglieder die Stiftung anders als z.B. bei der Familiengesellschaft nicht kündigen, keine Anteile auf Dritte übertragen und keine Stimm-, Kontroll- oder auch nur Informationsrechte nach Gesellschaftsrecht ausüben. Darüber hinaus bewirkt die Stiftung einen absoluten Schutz gegen das Auseinanderfallen des Unternehmens, u.a. im Erbwege. Da es beim Generationengang der Begünstigten keinen Erbfall für das Stiftungsvermögen gibt, gehen auch erbrechtliche Ansprüche ins Leere. Insb. gibt es keine Ansprüche, die zur Liquidation und Zersplitterung von Vermögen führen können. Eventuelle Pflichtteilsansprüche bemessen sich nicht nach dem Vermögen der Familienstiftung, sondern lediglich nach dem Nachlass eines Erblassers außerhalb der Stiftung, ggf. aber unter der Zurechnung von Werten, die in den letzten 10 Jahren vor dem Tod auf Stiftungen übertragen wurden (vgl. § 2325 BGB).
Hinweis
Bei der Familienstiftung erfolgt wegen des Familienbezuges steuerlich ein "Durchgriff" durch die ansonsten steuerlich verselbstständigte Stiftung auf die begünstigten Familienmitglieder. Bei Errichtung und Aufhebung der Stiftung führt dies zu einer Steuererleichterung, da sich die anzuwendende Steuerklasse bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach dem Verwandtschaftsverhältnis der beteiligten Familienmitglieder richtet. Nach Errichtung der Stiftung wirkt sich dieser Durchgriff auf die Familie hingegen nachteilig aus, da bei inländischen Familienstiftungen eine Erbersatzsteuer erhoben wird, die generell alle 30 Jahre einen "Erbgang" zum Zweck der Erbschaftsbesteuerung fingiert. In ihrer laufenden Besteuerung unterliegen die Familienstiftungen dem vollen Körperschaftsteuersatz. Auf die Einkünfte der Destinatäre findet die Abgeltungsteuer Anwendung.
Rz. 657
Der Stifter einer Familienstiftung sollte die Rechtsstellung der begünstigten Familienmitglieder bedenken. Zwar ist das Vorhandensein bestimmter Destinatäre kein notwendiges Element der Stiftung. Der Stifter kann sich daher bei der Satzungsgestaltung auch darauf beschränken, die Stiftung auf die Verfolgung von Zwecken auszurichten, die nur mittelbar einem bestimmten oder unbestimmten Personenkreis dienen. Ohne besondere Regelungen ist davon auszugehen, dass die Stifterfamilie der Stiftung als Dritte gegenübersteht, die keinerlei Einflussmöglichkeiten auf die Stiftung und keine rechtlichen Ansprüche gegen sie hat. Regelmäßig bringt der Stifter dies durch eine ausdrückliche Satzungsformulierung zum Ausdruck.
Rz. 658
Der Stifter kann aber auch der Familie Leistungsansprüche gegen die Stiftung in der Satzung einräumen. Voraussetzung ist, dass der Kreis der Berechtigten genau bestimmt oder jedenfalls klar bestimmbar ist. Ebenso müssen der Umfang des Anspruchs und die Fälligkeit so genau bestimmt sein, dass dem Vorstand kein Ermessensspielraum verbleibt. Die Destinatäre haben dann einen eigenen klagbaren Anspruch gegen die Stiftung, wenn und sobald die satzungsmäßigen Voraussetzungen vorliegen.
Hinweis
Der Stifter hat zu bedenken, dass sich die Familie und damit der Kreis potenzieller Destinatäre im Laufe der Zeit und in der Generationenfolge mehr und mehr verzweigt. Eine weite Bestimmung des Begünstigtenkreises kann daher zu einer Zersplitterung der Stiftungsaktivitäten führen. Andererseits leiden viele Familienstiftungen aber auch darunter, dass die Familie ausstirbt und sich damit auch die Zahl der Destinatäre verringert. Da sie ihre Erträge nicht unbeschränkt thesaurieren darf (Gebot der Ertragsverwendung), empfiehlt es sich, für solche Entwicklungen dadurch Vorsorge zu treffen, dass die Satzung neben den familienbezogenen zumindest hilfsweise auch der Allgemeinheit dienende Zwecke ausweist, denen überschüssige Erträge zugeführt werden können.
Rz. 659
Die Kontrolle des Vorstandes einer Familienstiftung durch die Destinatäre erscheint besonders wirkungsvoll, da diese wesentlich von ihrem Eigeninteresse geleitet werden. Darin liegt jedoch zugleich ein erhebliches Konfliktpotenzial. Die Begünstigten könnten versuchen, lediglich ihre Interessen durchzusetzen, ohne den Fortbestand der Stiftung zu wahren. Der Stifter ist jedenfalls in der Ausgestaltung von Kontroll- und Informationsrechten zugunsten der Destinatäre frei. Fehlen allerdings derartige Regelungen in der Satzung, ist davon auszugehen, dass er ihnen keine weitergehenden Befugnisse einräumen wollte.
Hinweis
In einigen Bundesländern wird bei Familienstiftungen die Stiftungsaufsicht eing...